Page 71 - Spielfeld_November_2017
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   Region
 Auf den Fußballplätzen der Region ist Metin Aktay (Mitte) bekannt und beliebt.
leme gesagt, schreibe doch einfach mal“, schildert er, wie er dazu kam, sein Leben auf Papier zu bringen. Im Dezember 2013 fing Aktay an, nach den ersten 70 Seiten unterbrach er sein literarisches Schaffen für längere Zeit. Seine Frau, die aus Tschechien stammt, spürte, dass ihm das Schreiben gut tat und forderte ihn auf, doch weiterzumachen. So entstand das Buch, das in diesem Herbst erschienen ist.
Die ersten Sätze seiner hammerharten Lebensgeschichte hatte er gleich zu Beginn formuliert: „Ist man gleich ein Ausländer, wenn man aussieht wie ein Ausländer? Ist man gleich ein Deutscher, wenn man einen deutschen Pass besitzt?“ 220 Sei- ten umfasst das im Ventura Verlag erschienene Taschenbuch (siehe Infokasten). Aktay erzählt, dass er für viele Türken kein Türke und für die Deutschen kein Deutscher ist. Wobei er sich im Kraichgau wohl fühlt und nur noch selten Vorurteilen oder offener Ablehnung ausgesetzt ist. Und nun kommt die TSG Hoffenheim ins Spiel.
Die TSG wurde zum großen Halt
Der Verein und viele seiner Mitglieder wurden zum großen Halt schon für den kleinen Metin und sind es bis heute geblieben. „Die Unterstützung von Hoffenheim war und ist wunderbar“, fasst Aktay seine Dankbarkeit zusammen. „Der Fußball und die TSG haben mich nie im Stich gelassen. Durch sie wurden mir deutsche Tugenden beigebracht, sie haben mir den Halt
gegeben, den ich von meiner Familie nicht bekam“, erzählt Metin Aktay. „Ich habe bei der TSG am 21. März 1982 als Neunjähriger in der E-Jugend angefangen. Der Zusammenhalt, die Freundschaft und die Gemeinschaft waren toll. Edgar Neu und Dieter Kund waren meine ersten von mehreren Trainern, die Hoffenheimer waren.“ Im Verein erfuhr er Anerkennung und Akzeptanz. Zuhause gab es deshalb nicht selten Prügel, die Familie Becker wurde für ihn zum zweiten Elternhaus, was sie ihm verbieten wollten. „Ich war schon als kleiner Junge zerrissen. Den Kindergarten durfte ich nicht besuchen. Ich hatte die deutsche Sprache nicht gekonnt. Erst der Sport hat mir die Möglichkeit gegeben, sie zu erlernen“, sagt Aktay, der mittlerweile natürlich perfekt deutsch spricht – bis auf den badischen Einschlag.
26 Jahre hat er in Hoffenheim gewohnt. Dort arbeitete sein Vater von 1980 bis 2008 als Zimmermann, ehe er in die Tür- kei zurückkehrte, aber noch regelmäßig zu Besuchen nach Deutschland kam. Metin hat zwei Brüder, von denen einer schon seit 30 Jahren in der Türkei lebt. Er selbst war seit 24 Jahren nicht mehr dort. „Nur meine Schwester akzeptiert meine Lebensweise, obwohl sie strenggläubige Muslima ist“, erklärt Aktay. „Über die Schule und den Sport habe ich eine andere Kultur kennengelernt. In der Familie wurde türkisch gesprochen. Wenn ich tagsüber rausging, war ich in Deutsch- land, abends dann wieder in der Türkei. Als kleiner Junge war das ein Kulturschock.“
SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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