Page 56 - Spielfeld_November_2017
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Als Spieler hatte es der 1,98 Meter große Matarazzo auf im- merhin 142 Regionalliga-Einsätze für Bad Kreuznach, Wehen, Münster, Wattenscheid und die zweite Mannschaft des 1. FC Nürnberg gebracht – zudem einmal im DFB-Pokal gespielt und sich beim „Club“ die Grundlage seiner heutigen Arbeit gesichert: Als spielender Co-Trainer machte er die ersten Trai- nerscheine und festigte seinen Wunsch nach dem Job an der Seitenlinie. Nach erfolgreichen Zeiten als Chef der U17 und U19 wechselte er diesen Sommer zur TSG Hoffenheim. Eine genau überlegte Entscheidung, für die er erneut die Distanz zur Familie – seine Frau, die ebenfalls US-amerikanische Wurzeln hat, hat er in seiner Zeit in Wehen kennengelernt – in Kauf nehmen musste: „Ich wollte nach insgesamt elf schönen Jahren in Nürnberg Stillstand vermeiden und den nächsten Schritt machen. Auch wenn es schwer ist, dass meine Familie in Nürnberg geblieben ist, war es genau der richtige Schritt für mich. Die Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln, sind hier top, auch und vor allem für Trainer. Hoffenheim hat deutschlandweit eines der besten Nachwuchsleistungszentren.“ Und für den aufstrebenden Trainer Matarazzo gab es kaum ein passenderes Ziel, um seine eigenen Ziele zu verwirklichen: „Ich wollte durch den Wechsel zur TSG sicherstellen, dass ich gut bleibe und besser werde. Der Verein legt viel Wert auf die Trainerentwicklung, das war ein sehr reizvoller Punkt. Es gibt wenig Klubs, bei denen dieser Bereich solch einen Stellenwert hat.“
„Ich wollte durch den Wechsel zur TSG sicherstellen, dass ich gut bleibe und besser werde.“
PELLEGRINO MATARAZZO
Nach knapp fünf Monaten im Kraichgau hat er den erneu- ten Schritt raus aus der Komfortzone nicht bereut. In seiner Wohnung in Hoffenheim fühlt er sich wohl – und auf dem benachbarten Trainingsgelände sowieso: „Ich habe mich gut eingelebt, jetzt hat Hoffenheim noch einen Einwohner mehr“, sagt er augenzwinkernd. Und fügt deutlich ernster an: „Die sportlichen Voraussetzungen sind hier natürlich überragend. Das Trainerteam hat zehn Mitglieder, die Infrastruktur ist beeindruckend mit Footbonaut und Helix, zudem habe ich jeden Tag einen eigenen Trainingsplatz zur Verfügung. Hier lässt es sich als Trainer hervorragend arbeiten.“
Durch seine aktive Zeit weiß Matarazzo um die enorme Ent- wicklung des Klubs – mit dem SV Wehen trat er noch im Dietmar-Hopp-Stadion bei der TSG an, damals von Hansi Flick trainiert. Als „kleinen, seriösen und ruhigen“ Verein hatte er Hoffenheim damals wahrgenommen. Mittlerweile hat sich
Im Jahr 2016 erhielt Pellegrino Matarazzo (Mitte) in Frankfurt die Uefa-Pro-Trainerlizenz. Links neben ihm: Der heutige TSG-Geschäftsführer Hansi Flick, damals noch beim DFB.
das Image des Klubs gewandelt. Selbst in den USA, wo mittler- weile mehr Kinder Fußball als die klassischen Sportarten wie Baseball, Basketball und American Football spielen, hat die TSG ihren Ruf verbessert. In seinem Geburtsland boomt der Fußball, und die TSG Hoffenheim ist durch den sportlichen Erfolg, die innovativen Trainingsformen und natürlich den zahlreichen Nationalspielern nicht bloß Experten ein Begriff.
Den Fußball im einstigen Fußball-Entwicklungsland verfolgt Matarazzo genau. Und so machte ihn das schmachvolle Aus- scheiden des Nationalteams in der WM-Qualifikation traurig – es ist ein herber Rückschlag für die in den vergangenen Jahren so auf blühende Sportart. „Wir haben so viele Einwohner und vor allem Kinder, die den Sport betreiben. In Struktur und Ausbildung gibt es aber immer noch Probleme, darum können wir das große Potenzial noch immer nicht abrufen.“
Vielleicht wird Matarazzo eines Tages dabei helfen, den Fuß- ball in den USA auf ein neues Level zu heben. Als Inhaber der Uefa-Pro-Lizenz und mit seinem großen, im Land des Weltmeisters gesammelten Erfahrungsreichtum sowie dem Engagement in Hoffenheim ist er in seinem Heimatland ein gefragter Experte. Doch aktuell steht eine Rückkehr und ein damit verbundener Job in der Profi-Liga MLS nicht im Fokus. Der Wechsel nach Hoffenheim ist nicht als Kurzzeit-Projekt geplant, der lange Aufenthalt in Deutschland hat tiefe Spuren hinterlassen. „Es gefällt mir einfach sehr gut hier. Die Struk- tur, die Menschen, das Leben – alles ist sehr geordnet und funktioniert. Auch die soziale Absicherung ist top, das findet man in den USA so nicht. Ich schließe eine Rückkehr nicht aus, auch, weil ich so wieder bei meiner Familie wäre. Aber es gefällt mir einfach sehr gut in Hoffenheim. Und Heidel- berg ist für mich die vielleicht schönste Stadt Deutschlands.“ Es klingt, als müsse die Familie noch eine geraume Zeit auf ihren Auswanderer warten.
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