Page 16 - Spielfeld_Oktober_2017
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Du bist nicht bei Social Media aktiv und trägst Deinen Lifestyle nicht nach außen. Es gibt auch viele Gegenbei- spiele in der Sportwelt wie Neymar oder der Boxer Floyd Mayweather. Ist es für Sportstars schwierig, den Boden unter den Füßen zu behalten?
„Ich glaube, jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich. Aber diese Jungs sind mit der Selbstvermarktung bei Social Media auch berühmt geworden, das ist ihr persönlicher Weg, den sie beibehalten. Entweder lieben das die Menschen oder nicht – aber diese Leute bleiben ihrer Persönlichkeit treu. Und dann finde ich das auch auf diesem Weg gut. Jeder soll so bleiben, wie er ist. Aber ich persönlich muss nicht mit meinem Sportwagen protzen und dauernd Fotos davon veröffentlichen. Ich muss den Leuten nicht zeigen, was ich habe. Jeder weiß doch, was in der Bundesliga verdient wird. Aber ich würde nie damit prahlen, weil ich ja bei anderen Menschen keine negativen Gefühle auslösen möchte, wenn sie keinen Sportwagen besitzen, aber davon träumen. Das bringt mir nichts. Am Ende des Tages sind das nur Gegenstände. Und keine Menschen, die für dich da sind, wenn es hart auf hart kommt. Gute Menschen um dich herum machen dich glücklich. Das sollte sich jeder merken.“
Ist der Fußball neben der Familie der wichtigste Teil Deines Lebens?
„Ich richte mein Leben auf den Fußball aus und gebe 100 Prozent für meinen Job. Ich habe begriffen, was es heißt, auf Top-Niveau Profi zu sein.“
EIN ZEHNER FÜR DIE SECHS
Nach dem Gewinn des Confed-Cups mit der deutschen Na- tionalmannschaft erhielt Kerem Demirbay einen dreiwöchigen Sonderurlaub. Obwohl er auf dem Feld stets den Ball haben will, genoss er die Zeit – in der er komplett auf Fußball ver- zichtete: „Da bin ich knallhart. Ich habe drei Wochen nicht ein einziges Mal den Ball berührt. Aber ich brauchte die Ruhe und Entspannung. Das ist wichtig für
Körper und Geist. Am Ende hat es dann auch wieder gekitzelt.“
Nach dem Weggang von Sebas-
tian Rudy ist ihm bewusst, dass
er in der aktuellen Saison auch
öfter mal eine neue, defensivere
Rolle einnehmen wird: „Ich kann
auf der Sechs spielen, das habe
ich bereits gezeigt. Und wenn der
Trainer dort mit mir plant, dann tut
es mir ein bisschen weh, weil ich
so weit weg vom gegnerischen Tor bin, aber dann ist es halt so. Mir geht es um den Erfolg der Mannschaft, und wenn ich dafür grätschen und beißen muss, dann mache ich es gern.“ Die Anforderungen der zentral defensiven Position beherrscht er auch als offensiv denkender Spieler, wie er lächelnd erklärt:
Hast Du das erst im vergangenen Jahr so wirklich verinnerlicht?
„Ich habe es vorher schon auch begriffen, aber je höher du kommst, desto mehr musst du halt auch abliefern. Wenn ich wieder zur Nationalmannschaft will, kann ich nicht wochen- lang durchhängen. Gute Leistungen werden von mir verlangt, ebenso, dass ich meinen Mitspielern immer wieder helfe.“
In der Europa League trittst Du mit der TSG nun in der Heimat Deiner Eltern, der Türkei an. Was kann man von dem Istanbuler Klub Mediopol Basaksehir erwarten?
„Sehr viel, wie von den anderen Gegnern auch. Es gibt hier wirklich keine schwachen Teams mehr, das muss jedem klar sein. Alle können verteidigen und Fußball spielen, das sind extrem anspruchsvolle Aufgaben. Ich verfolge die türkische Liga und habe ein paar Spiele von Basaksehir gesehen – richtig gut kicken können sie, das steht fest. Ich freue mich persönlich sehr auf diese Spiele gegen erfahrene Spieler wie Clichy, Adebayor und
den türkischen Fußballhelden Emre. Das ist eine absolute Legende in der Türkei und eine große Respektsperson für mich. Als Kind habe ich
zu ihm aufgeschaut und ich werde ihn
def initiv nach seinem Trikot fragen. Und ich glaube auch, dass er mit mir tauschen will (lacht).“
„Ich kann auch sehr dreckig spielen und Gegnern sehr weh tun, auch wenn man mir das vielleicht nicht ansieht. Wenn ich auf der Sechs spiele, wird es für den Gegner im Gegenpressing nicht schön. Das wissen die Trainer und darum geben sie mir diese Rolle ja auch.“
Dass es mit der Dreifachbe- lastung und dem gestiegenen Respekt der Gegner keine ein- fache Saison wird, schmälert den Erfolgshunger nicht. Im Gegenteil: „Am Ende spielt sich alles im Kopf ab, darum wird die mentale Stärke extrem wichtig. Die Gegner bereiten sich sehr gut und speziell auf uns vor. Für uns wird es dadurch nicht einfacher, zudem werden sich viele Vereine hinten reinstellen.
Aber da sind unsere Stärken – wie etwa aus dem Nichts Tore zu schießen – gefragt, um Erfolg zu haben. Diese Qualitäten haben wir, aber es wird definitiv schwerer als vergangene Sai- son. Dafür haben wir viele Spiele und wenig Training – immer nur Wettkampf. Besser geht es nicht.“
  Spiel- und zweikampfstark: Kerem Demirbay
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