Page 102 - Spielfeld_Oktober_2017
P. 102

 Hermann:
Heinz: Hermann:
Heinz:
Hermann: Heinz:
Hermann:
Heinz: Hermann:
Sag´ mal Heinz, jetzt mal nur unter uns Pas- torentöchtern: Ist Dir das Rentnerdasein nicht auch manchmal etwas öde?
Äh, hat Deine Midlife Crisis den Bus verpasst und kommt nun später?
Im Ernst jetzt: Immer nur daheimsitzen. Rasen- mähen ist jetzt auch vorbei, im Garten ist schon alles winterfest. Da fehlt einem ja schon eine sinnvolle Aufgabe, in der man etwas gestalten kann.
Dann hättest Du vielleicht besser Innenarchitekt werden sollen und nicht Versicherungskauf- mann. Aber Du kannst Dich ja bei DFL und DFB bewerben.
Als was? Helene-Fischer-Double fürs Pokalfinale?
Als Assistent vom Assistenten des Video-Assisten- ten. Auf 450-Euro-Basis, versteht sich. Können ja, Achtung, augenscheinlich auch Ungelernte machen.
Du mit Deinem Sarkasmus. War mir ja klar, dass das Thema Videobeweis bei so Beton-Tra- ditionalisten wie Dir nicht gut ankommt. Wenn es immer nach Dir gegangen wäre, würden wir heute noch mit `ner Schweinsblase kicken – ohne Auswechselspieler, versteht sich. Aber dafür immer samstags um 15.30 Uhr.
Jetzt werd‘ mal nicht gehässig. Sag bloß, Du bist begeistert von dem, nun ja, Experiment.
Ich sag‘ es mal so: Ihr habt ja wie schon bei der Torlinientechnologie wieder den Untergang des fußballerischen Abendlandes vorhergesagt. Un- serem Sport würden die Emotionen genommen, kein Mensch würde am Montag auf der Arbeit noch leidenschaftlich debattieren können über Fehlentscheidungen.
Heinz: Hermann:
Heinz:
Hermann: Heinz:
Hermann:
Heinz:
Hermann: Heinz: Hermann:
Du arbeitest doch gar nicht mehr.
(genervt) Meine Güte, dann eben am Stammtisch. Dabei reden wir doch jetzt mehr über falsche oder richtige Pfiffe als früher. Im Moment tun wir ja grad‘ so, als würde hier jeden Samstag das Wembley-Tor fallen.
Aber es ist ja auch ein Wahnsinn. Du weißt ja weder im Stadion noch am Fernseher, was da genau passiert. Ich jubel‘ jetzt immer erst eine Minute nach dem Tor. Man weiß ja nie. So ohnmächtig habe ich mich zuletzt gefühlt, als ich nicht wusste, wie ich das verdammte IKEA-Sofa in mein Auto kriegen sollte.
Und hat’s geklappt?
Am Ende musste ich doch meine Frau anrufen, weil ich es allein nicht hingekriegt hab‘.
Siehste. Manchmal macht es halt Sinn, sich Hilfe zu holen – auch wenn es schwerfällt, weil man vermeintlich Schwäche zeigt. Geht den Schiedsrichtern genauso. Erst wollten sie den Videobeweis nicht, dann doch – und jetzt sind sie ganz zufrieden damit.
Nur der Videoschiedsrichter ist jetzt die arme Sau. Dafür kriegt er jetzt auch noch ‘nen Assis- tenten. Und dann gibt’s noch den Supervisor. Und eigentlich müsste die noch einer kontrol- lieren. Irgendwann hocken mehr Unparteiische in diesem fensterlosen Kölner Kellerloch vor Bildschirmen als Schiedsrichter im Stadion rumlaufen.
(lacht) Keine Sorge, so groß kann der Raum nicht sein – bei den horrenden Mietpreisen in Köln.
Da lob‘ ich mir doch meinen Garten. Auch winterfest (lacht).
Darauf trinken wir einen. Prost.
102
UNTER UNS
Heinz und Hermann sind Freunde. Sagen sie zumindest. Dabei sind sie selten einer Meinung. So diskutieren sie lieber eifrig am Tresen über die wichtigen Dinge – Fußball zum Beispiel.
Heute: Videoassistentassistenten
































































   100   101   102   103   104