Page 76 - Spielfeld_August_2017
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15 JAHRE – 15 GESCHICHTEN
SELBSTHILFE MIT ADRENALINKICK
Anpfiff ins Leben e.V. und die TSG Hoffenheim sind Partner der ersten Stunde. Zum 15. Geburtstag von Anpfiff ins Leben e.V. hat SPIELFELD Personen interviewt, die eng mit der Organisation verbunden sind. In dieser Ausgabe geht es um die Bewegungsförderung für Amputierte, die viel mehr ist als nur ein Sportangebot.
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zeit und den Tanzstunden, von Radtouren und
vom Paragliding. Er erzählt von Adrenalinkicks, sportlichen Herausforderungen und neuen Begegnun- gen. Aupperle, 66, ist ein aktiver Mann, der das Leben genießt. Dass sein Leben mal so aussehen könnte – das hätte Aupperle vor sechs Jahren selbst nicht geglaubt. Von einem Tag auf den anderen wurde der Berufskraft- fahrer im November 2011 aus seinem bisherigen Leben gerissen. In seiner Leiste riss ein Aneurysma. „Das waren unglaubliche Schmerzen“, erzählt er. So stark, dass die Ärzte ihn in ein künstliches Koma versetzten. „Nach fünf Tagen wache ich im Krankenhaus wieder auf und denke, mein rechtes Bein ist eingeschlafen. Dann schau ich nach – und es ist weg.“ Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, wollte er wissen, wie es weitergeht: gesundheitlich wie beruf lich – und bekam keine Antworten. „Die Ärzte wussten einfach nicht, was nach einer Amputation zu tun ist und es hat mir auch niemand gesagt, an wen ich mich wenden kann.“ Er fühlte sich alleingelassen und fiel in ein Loch. Dass er aus diesem wieder herauskam, sagt Aupperle, hat er zu einem großen Teil der Bewegungsförderung für Amputierte zu verdanken.
Das Team der Bewegungsförderung für Amputierte: Elisabeth Claas (links) und Diana Schütz (rechts) mit Chef Dietmar Pfähler.
7 Rolf Aupperle schwärmt. Von der letzten Skifrei-
Seit 2013 ist die Bewegungsförderung fester Bestandteil von Anpfiff ins Leben. Mit einem Sportangebot, das speziell auf Menschen mit Handicap zugeschnitten ist, betreut von geschultem Personal. Für jeden ist etwas dabei. Es gibt Fitnesstraining an Geräten, um den Körper wieder in Balance zu bringen, Kraft und Ausdauer aufzubauen. Es gibt ein Geh-Training für Menschen, die gerade die ersten Schritte mit einer Prothese wagen und eine Laufgruppe für alle, die auf Carbonfedern gern Geschwindigkeit aufnehmen. Es gibt Tanz- und Zumbakurse, Kletter- und Schwimmtraining. Mannschaftssportler können sich im Amputierten-Fußball und Sitzvolleyball probieren und immer wieder organisieren die Koordinatorinnen Diana Schütz und Elisabeth Claas Ausflüge und Camps.
Aktiver und fitter als zuvor
Aupperle suchte nach Menschen, die ihm weiterhelfen können. Die ihm sagen können, wie er einen Führer- schein bekommt oder wie er lernen kann, seiner Prothese zu vertrauen. Schließlich fand er in einer Heidelberger Klinik eine Selbsthilfegruppe – und traf dort auf Diana Schütz, die gerade dabei war, die Bewegungsförderung für Amputierte bei Anpfiff ins Leben aufzubauen. „Ich wollte nicht nur sportliche Angebote schaffen, sondern auch praktische Hilfe bieten“, sagt sie. Und Aupperle traf plötzlich auf Menschen, die seine Fragen beantworten konnten: „Oder mir zumindest sagen konnten, wo ich die richtigen Antworten bekomme.“ Und nur wenige Tage später saß Aupperle im Kraftraum – und tut das noch immer jede Woche. Mit seiner Lebensgefährtin meldete er sich zum Tanzkurs an und fuhr auf Krückenski zum ersten Mal im Leben eine Piste hinunter. „Das habe ich vor der Amputation alles nicht gemacht – ich bin jetzt aktiver und fitter als zuvor“, sagt der 66-Jährige und fügt hinzu: „Man kommt hier mit so vielen Menschen in Kontakt, die ähnliches durchgemacht haben. Man merkt: Man ist nicht allein.“
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