Page 88 - Spielfeld_Mai_2017
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 Willkommen in Zuzenhausen: Lukas Rupp (r.) begrüßt Footballer Markus Kuhn auf dem Trainingsgelände der TSG Hoffenheim.
Lukas: „Bist Du eigentlich noch ab und zu in Viernheim?
Markus: „Es ist wirklich eine Umstellung, von New York ins idyllische Viernheim an der Bergstraße zu kommen. Ich bin nun zehn Jahre im Ausland, aber die Freunde sind noch immer dieselben. Ich genieße es, immer mal wieder bei der Mama und der Familie zu sein. Dort kann ich etwas entspannen und wieder runterkommen, gerade nach einer anstrengenden Saison tat das gut. Du hast es ja nicht so weit.“
Lukas: „Stimmt, ich wohne hier um die Ecke in Heidelberg in der Altstadt.“
Markus: „Kommt Deine Familie nun zu jedem Heimspiel?
Lukas: „Sie können inzwischen recht viel Urlaub machen, weil mein Vater nicht mehr an der Schule ist. Aber wenn sie da sind, dann kom- men sie fast zu jedem Spiel, auch mal auswärts. Als Eltern muss man den Jungen ja unterstützen.“
Markus: „Das war bei mir natürlich schwieriger, denn meine Eltern mussten immer nach Amerika f liegen. Dann haben sie sich ein, zwei Spiele angeguckt. War es eigentlich immer Dein Traum, Fußballprofi zu werden?“
Lukas: „Leider ja. Ich konnte mir nie einen Bürojob vorstellen, wenn ich ehrlich bin. Wenn in der Schule die Kurse abgehalten wurden, welchen Beruf man einmal machen möchte, dann wusste ich nie, was für mich in Frage kam. Deswegen bin froh, dass es so geklappt hat. Profi zu werden ist wirklich nicht selbstverständlich. Es war keine so schlechte Entscheidung, den Weg einzuschlagen. Wie war das bei Dir? Hast Du auch gehofft, dass Du von den großen Klubs gedraftet wirst?“
Markus: „Das war für mich lange völlig unrealistisch. Als Footballer in Deutschland gab es nichts zu träumen. Als ich dann im College-Team in Raleigh erfolgreich war, kam langsam der Traum von der ganz großen Bühne. Ich hatte, weil ich ein guter Footballer war, ein Stipendium an der Uni bekommen, alle Kosten wurden übernommen. Obwohl das ein Amateursport ist, ist College-Football eine große Nummer in den USA mit Spielen, zu denen 80.000 Zuschauer kommen. Da habe ich langsam gemerkt, das kann ja doch noch was mit mir werden. Mit 26 Jahren habe ich es ungewöhnlich spät noch in die NFL geschafft. Wenn man seine Sportart und seinen Job als Profi liebt, dann gibt es nichts Schöneres. Aber man muss auch sagen, es ist nicht immer einfach. Das geht euch Fußballern wohl genauso.“
Lukas: „Wenn man verletzt ist und nicht spielen kann, wie es mir zuletzt passiert ist, nachdem es vorher sehr gut lief, dann ist das nicht einfach.“
Markus: „In der NFL kann eine Karriere als Spieler schnell zu Ende gehen. Nach einer Verletzung und meinen Wechsel zu den New England Patriots, die in der Saison den Super Bowl gewannen, war der Kader zu Beginn der Vorbereitung 90 Mann groß. 53 wurden für die Saison nominiert. Ich habe den Cut knapp nicht geschafft. Du kannst in den USA einen Dreijahresvertrag bekommen, aber die Klubs können ihn von einem auf den anderen Tag kündigen. Langfristig hat man als Football-Profi null Sicherheit. Aber ich bereue nichts, ich hatte eine geile Zeit.“
Lukas: „Du lebst weiterhin in New York?“
Markus: „Ja. Ich mache dort an der Uni noch einen Master, nachdem ich in North Carolina meinen Abschluss als Betriebswirt gemacht habe. Vielleicht ergibt sich einmal etwas, im Sportbusiness einen Job zu be- kommen. Du kennst das sicher: Der Sport lässt einen nicht mehr los.“
 Beweglich und mit viel Schnellkraft ausgestattet: Markus Kuhn.
MARKUS KUHN UND DIE NFL
Einige Deutsche werden in den Geschichtsbüchern des Sports besonders gewürdigt, weil sie als erste etwas Außergewöhnliches bei internationalen Wett- bewerben geschafft haben. Boris Becker gewann als erster Deutscher das Turnier in Wimbledon, Golfer Bernhard Langer das weltberühmte Masters in Augusta. Markus Kuhn, der am 5. Mai seinen 31. Geburtstag feiert, war im Dezember 2014 der erste Deutsche, dem in der National Football League (NFL) ein Touchdown gelang. Er spielte von 2012 bis 2015 für die New York Giants, nachdem er fünf Jahre dem Team der North Carolina State University angehörte. Die NFL ist die weltweit größte Sportliga mit den höchsten Zuschauerzahlen und einem etwa drei Mal so großen finanziellen Umsatz wie die Bundesliga. Das Saison-Endspiel, den Super Bowl, verfolgen weltweit rund eine Milliarde TV-Zuschauer.
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