Page 8 - Spielfeld_April_2017
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   Kinder, wie die Zeit vergeht
 Im Moment ist es ja chic, sich als Fußball-Bundesligist mit China zu beschäftigen. Die dortige Super League gilt den Klubs der Republik ja als spannender Zukunftsmarkt, seit der Fußball in China zur nationalen Aufgabe geworden ist. Staatspräsident Xi Jinping träumt von einer WM im eigenen Land und irgendwann soll das Land mit den 1,4 Milliarden Einwohnern auch den Weltmeistertitel holen. Entsprechend viel Geld wird gerade mit Unterstützung des Staates wie sei- ner Oligarchen in die Liga gepumpt. Insgesamt gab die Super League in diesem Jahr stolze 388 Millionen Euro für Transfers aus – keine andere Liga der Welt investierte im Winter mehr.
Paul Breitner hat es wohl geahnt. Der frühere Bayern-Profi, Spitzname „Revoluzzer“, war schon 1973 auf dem China-Trip. Allerdings war es damals ein mittelschwerer Skandal. „Dieses Foto war eine wunderbare Gelegenheit, die Leute zu schocken. Und zwar all diejenigen, die mich damals als Kommunist, Leninist oder Maoist beschimpft haben“, erinnerte sich Breitner, heute 65, später an die Aufnahmen unter dem Mao-Porträt. „Das Foto wurde bei uns zu Hause in Neubiberg aufgenommen, da ist nichts gestellt, nichts hingeschoben. Wenn man die Tapete anschaut, war das genau der Zug der Zeit. Ich habe mir sogar Tsingtao, ein chinesisches Bier, von einem Händler bestellt“, erzählte der Welt- und Europameister. „Mit dem Mao-Bild und der Peking-Rundschau dachte ich mir, den Leuten mit Vorurteilen zu zeigen: Ihr wollt es ja nicht anders, da habt ihr es! Ich habe meine Sturm- und Drang-Zeit ausgelebt. Das hieß: Ihr könnt mich alle gern haben. Ich mache, was ich will.“ Das ist, nun ja, durchaus gelungen.
HÄRRINGERS ECKE
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© 2017 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau





























































































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