Page 34 - Spielfeld_April_2017

SCHIRI! VIDEO!
Die Bundesliga steht vor einer Revolution: Ab der Saison 2017/18 werden Video-Assistenten das Schiedsrichter-Gespann unterstützen, indem sie strittige Szenen noch einmal ansehen.
Bei den sogenannten Live-Tests behält der Hauptschiedsrichter aber immer die Entscheidungs- gewalt. Über eine endgültige Einführung der Video-Assistenten wird erst 2018 entschieden. SPIELFELD beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Neuerungen.
Warum soll der Video-Assistent eingeführt werden? DFL und DFB treiben das Großprojekt voran, um die Zahl der offensichtlichen Fehlentscheidungen in den vier Kategorien Torerzielung, Strafstoß, Platzverweis und Spielerverwechselung signifikant zu reduzieren und somit die Gerechtigkeit zu erhöhen. Hellmut Krug, Beauftragter für die Videotechnik bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und Lutz Michael Fröhlich, Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sind sich einig: „Wir haben das Gefühl, dass es dem Fußball helfen wird."
Wie funktioniert die Technik?
In strittigen Situationen kann der Schiedsrichter über Funk und sein Headset um Hilfe bitten, zudem kann der Video-Assistent Kontakt zum Unparteiischen aufnehmen – allerdings nur bei „klar falschen Entscheidungen“ in einer der vier genannten Kategorien. Damit die Assistenten den Schiedsrichter rasch informieren können, steht ihnen ein technisch geschulter Helfer zur Seite, der aus den verfügbaren Kameraperspektiven die bestmöglichen Einstellungen rausfiltert, damit sich der Video-Assistent auf die Bewertung konzentrieren kann. Die Spielunterbrechungen sollen zehn bis maximal 40 Sekunden dauern. Die Entscheidungsgewalt liegt aber weiter beim Schieds- richter, der sich in einer am Spielfeldrand eingerichteten Zone
Das Zeichen für den Videobeweis: Der Referee malt einen imaginären Bildschirm in die Luft (von links oben nach rechts unten).
die Situationen auch selbst noch einmal anschauen kann. Dies wird als „Review“ bezeichnet. Krug betont, bei engen Situationen solle „im Zweifel die Tatsachenentscheidung“ vorgezogen werden, der Video-Assistent wird also von sich aus nicht eingreifen oder dem Schiedsrichter bestätigen, dass eine Entscheidung vertretbar war.
Wo sitzen die Video-Assistenten und wer kommt für die Aufgabe in Frage?
Die Video-Assistenten werden nicht in den jeweiligen Stadien sitzen, sondern im Cologne Broadcasting Center (CBC) auf dem Gelände von RTL in Köln. Aktuelle Erstliga-Schiedsrichter werden die neuen Aufgaben übernehmen, allerdings überlegt der DFB derzeit, die Altersgrenze für aktive Schiedsrichter von 47 Jahren für die Tätigkeit des Video-Assistenten zu erhöhen, um so auf erfahrene Schiedsrichter zurückgreifen zu können.
Was ergaben die bisherigen Tests?
Seit Beginn dieser Spielzeit wird im Offline-Modus getestet, die Video-Assistenten teilen ihre Eindrücke den Schiedsrich- tern also nicht mit. Wie die DFL erklärte, hätten bis zum 21. Spieltag von 59 Fehlern in den vier Kategorien 45 durch den Video-Assistenten geklärt werden können. Im Februar fand die nächste Test-Stufe statt, der sogenannte Pre-Live-Test, bei dem der Video-Assistent in Deutschland zum ersten Mal erfolgreich unter simulierten Wettkampfbedingungen eingesetzt wurde. Bei zwölf zu Testzwecken organisierten Jugendspielen in Köln standen die Schiedsrichter in Funkkontakt mit den Video-As- sistenten im Cologne Broadcasting Center (CBC). „Nach den Pre-Live-Tests können wir ein positives Zwischenfazit ziehen. Die Unterstützung des Schiedsrichters durch den Video-Assis- tenten hat in der Praxis funktioniert“, sagte DFL- und DFB-Prä- sidiumsmitglied Ansgar Schwenken. Live-Tests gab es zuletzt schon bei der Klub-WM, ausgesuchten Länderspielen und im niederländischen Pokal-Wettbewerb. In den 70 Spielen der Live-Testphase habe der Schiedsrichter laut Hellmut Krug pro Partie ein- bis sechsmal mit dem Video-Assistenten kommuni- ziert. In insgesamt nur vier Fällen habe der Schiedsrichter ein „Review" vorgenommen, ansonsten habe der Video-Assistent entschieden.
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Bild: fotolia.de, viperagp