Page 47 - Spielfeld_Maerz_2017
P. 47

 „SCHIEDSRICHTER ZU SEIN IST DAS PERFEKTE HOBBY“
Oliver Neuberger, 20, ist seit neun Jahren Schiedsrichter. Der Hoffenheimer macht eine duale Ausbildung beim IT-Konzern Hewlett Packard und pfeift regelmäßig Amateurspiele in der Rhein-Neckar-Region.
Wie bist Du Schiedsrichter geworden?
„Ich bin mit vier Jahren zur TSG gekommen und habe selbst 13 Jahre im Breitensportbereich Fußball gespielt. 2008 hat mich Michael Deibel angesprochen, unser Schiedsrichter-Ko- ordinator im Verein. Er sagte, dass Schiedsrichter gesucht werden. Ich habe es mir angeschaut, dann ausprobiert und es machte mir Spaß. Nun bin ich schon im neunten Jahr dabei. Bis zur B-Jugend habe ich zunächst noch weiter Fußball gespielt, aber seit 2013 bin ich nur noch Schiedsrichter.“
Was erlebst Du auf dem Spielfeld?
„Es gibt immer wieder Spiele, die sich im Gedächtnis ein- brennen. Ich bin ein Schiedsrichter, der nicht viele Karten zeigt und die Erfahrung gemacht hat, dass es besser ist, mit den Leuten auf dem Platz zu reden. Ich hatte relativ wenig Spiele, die aus dem Ruder gelaufen sind. Wenn man ein guter Schiri ist, hat man weniger Probleme. Aber es gibt immer wieder blöde Situationen, in denen man absolut nichts dafür kann, dass es Geschrei auf dem Platz gibt.“
Hast Du es schon erlebt, dass es richtig unschön wurde?
„Ein Kreisliga-Derby fällt mir ein, in dem ich Assistent war und ein erfahrener Schiri gepfiffen hat. Es stand 2:2 und wir geben in der fünften Minute der Nachspielzeit einen Elfmeter, der aus meiner Sicht völlig berechtigt war. Das 3:2 fiel und auf dem Gang in die Kabine wurden wir sehr unschön beschimpft.“
Glaubst Du, dass Du von der Schiedsrichterei in irgendeiner Form profitierst?
„Schiedsrichter zu sein ist eigentlich das perfekte Hobby. Man sieht Fußballspiele, als junger Mensch kann man ein paar Euro als Taschengeld verdienen. Und es gibt noch den Aspekt der Persönlichkeitsbildung. Die Anforderungen sind hoch, man muss immer in kurzer Zeit schnell Entscheidungen treffen, man muss auf dem Platz präsent sein, Persönlichkeit und ein selbstbewusstes Auftreten zeigen. Ein Schiri hat viel Verantwortung. Und er muss für seine Entscheidungen geradestehen. Das Ganze ist wahnsinnig spannend. Seit zwei Jahren wird für neue Schiedsrichter damit geworben, dass man damit auch Argumente erhält, die für Personalabtei- lungen sehr interessant sind. Denn Schiedsrichter ist eine Tätigkeit, in der man Selbstbewusstsein, Handlungs- und Entscheidungsschnelligkeit nachweist.“
Findest Du es schwierig, richtig zu entscheiden?
„Da es in der Regelauslegung viele Grauzonen gibt, hast du als Schiri auch die Möglichkeit, das Spiel zu steuern. Ein ruhiges Spiel lasse ich laufen und versuche den Spiel- charakter zu lesen. Und man muss nicht jede Nickligkeit pfeifen. Wenn es aggressiv und unfair wird, muss man auch mal Kleinigkeiten pfeifen, um das Ganze zu beruhigen. Eine Linie zu haben, ist sehr wichtig für die Entwicklung eines Spiels. Der Schiedsrichter wird ja auch als Spielleiter bezeichnet. Das ist absolut zutreffend.“
Hast Du ein Schiedsrichter-Vorbild? Und wie hoch möchtest Du noch aufsteigen?
„Ich habe kein Vorbild. Ich schaue mir aber die Website ‚Wahre Tabelle’ an, um zu sehen, welche Fehlentscheidungen es in der Bundesliga gab. Ich glaube, Profischiedsrichter zu werden ist genauso schwer, wie Profispieler zu werden. Im DFB gibt es etwa 75.000 Schiedsrichter, in der Bundesliga pfeifen vielleicht 30. Mein Ziel ist es, in diesem Jahr in die Landesliga aufzusteigen. Für die Aufstiegsrunde habe ich mich qualifiziert, weil ich im Raum Rhein-Neckar von 20 Schiedsrichtern unter den vier besten war. Die Qualifikation bei den Schiedsrichtern ist genauso wie bei den Mannschaf- ten – jeder kann auf- oder absteigen anhand der Noten, die die Schiri-Beobachter vergeben.“
Schiedsrichter aus Leidenschaft: Oliver Neuberger.
Verein
  SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
47

















































































   45   46   47   48   49