Page 46 - Spielfeld_Maerz_2017
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 DIE GANZ SPEZIELLE ELF DER TSG
Ihr Job ist der vermeintlich undankbarste im Fußball. Aber elf Menschen im Alter
von 15 bis 71 Jahren haben sich ganz bewusst für diese verantwortungsvolle Aufgabe entschieden: Es ist die Schiedsrichter-Gilde der TSG 1899 Hoffenheim.
Saskia Benz läuft über das Spielfeld und verfolgt mit Adleraugen die Zweikämpfe zwischen den Spielern. Die Partie steht auf des Messers
Schneide, eine Fehlentscheidung und das Spiel wird in die falsche Bahn gelenkt. Ein Foul im Mittelfeld pfeift Saskia sofort, läuft zum „Tatort“, zeigt mit klarer Ges- tik den Freistoß an und begründet die Entscheidung dem meckernden Verursacher. Es geht heiß her, doch Saskia leitet das Spiel ruhig bis zu ihrem Schlusspfiff. Die 18-Jährige ist eine sehr gute Schiedsrichterin, sie wurde im Rahmen der Badischen Junioren-Hallenmeis- terschaften Mitte Februar bei der DFB-Aktion „Danke Schiri“ ausgezeichnet – wie auch Justin Bechtel (17). Beide gehören zur Elf der TSG 1899 Hoffenheim, die nur aus Schiedsrichtern besteht.
„Mich hat es gereizt, alle Seiten des Fußballs kennenzu- lernen. Als Schiedsrichterin gewinnt man ganz andere Eindrücke“, sagt Saskia Benz, die beim SV Zeutern selbst Fußball spielt. Sie freue sich, wenn sie auch Spiele leiten könne. Auch mit Männerspielen wird sie beauftragt. Und als Assistentin hat sie es schon in
„Wir stellen als TSG mit Abstand die meisten Schiedsrichter in der Region.“
MICHAEL DEIBEL
die Juniorinnen-Bundesliga geschafft. „Ich glaube, dass Saskia gute Chancen hat, einmal in der Frauen-Bundesliga zu pfeifen. Sie macht ihre Sache hervorragend“, erklärt Michael Deibel. Der 54-Jährige ist der Chef der Truppe, die dafür sorgt, dass Woche für Woche viele Spiele im Rhein-Neckar-Kreis angepfiffen werden. „Wir stellen als TSG mit Abstand die meisten Schiedsrichter in der Region, andere Vereine haben nur zwei oder drei Unparteiische. Aber trotzdem könnten bei uns auch noch ein paar dazu kommen“, sagt Deibel.
Der Schiedsrichter-Koordinator der Fußball-Abteilung der TSG, der von 1995 bis 2010 in Hoffenheim wohnte, sich aber inzwischen aus beruflichen Gründen in Karlsruhe niedergelassen hat, ist die trei- bende Kraft hinter dem erfreulichen Jugendtrend bei den TSG- Unparteiischen. Auch Oliver Neuberger (siehe Interview) und Justin Bechtel verlieh Deibel den Impuls, es „an der Pfeife“ zu probieren. Justin Bechtel, der im Januar 17 Jahre alt wurde, hat in der vorigen Saison mehr als 100 Spiele geleitet. Oft war er der Jüngste auf dem Platz, wenn in zwei Amateur-Teams Bäcker, Elektriker, Bankange- stellte, Automechaniker, Bauschlosser, SAP-Berater und Studenten ihrem Lieblingshobby nachgingen. Doch Justin war und ist es, der auf dem Platz das Sagen hat. Und davon profitiert er. „Man lernt als Schiedsrichter viel. Spiele zu leiten ist gut für die Persönlich- keitsentwicklung. Man kann wirklich viel für sich selbst mitnehmen“, sagt der Schüler, der bis zur Kreisliga pfeift und bald den Aufstieg in die Landesliga schaffen möchte. „Mein Traum wäre schon die Oberliga“, sagt Justin Bechtel, der mit zwölf Jahren das Fußballspie- len aufgab und Schiedsrichter wurde.
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Genau hingeschaut: TSG-Schiedsrichter Metin Aktay in Aktion.























































































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