Page 54 - Spielfeld_Februar_2017
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                Salihović ist der TSG dankbar. Dass ihn der frühere Verein wieder so problemlos aufgenommen hat, ist keine Selbstverständlichkeit für ihn. „Das gibt es selten. Normalerweise begegnet man im Profifußball nicht so viel Dankbarkeit“, betont er. Aber für die Klubführung kam es niemals in Frage, den verdienten Haudegen abzuweisen. „Einem Spieler einer solchen Kategorie steht bei uns natürlich die Tür offen – und ganz besonders einem wie Sali, der ein vernünftiger Typ ist“, sagte Sportdirektor Alexander Rosen und fügt lachend hinzu: „Ihn abzulehnen, wäre aber auch ein Problem gewesen, denn Sali ist bei der TSG, bei den Fans und im ganzen Kraichgau ein Volksheld.“ Dann deutet Rosen auch noch an, dass es selbst wieder eine Zukunft für Salihović im Klub geben kann, wenn er demnächst eventuell noch bei einem anderen Verein einen Vertrag erhalten sollte. Eine Rolle als erfahrener Spieler bei der U23, wie sie aktuell Marco Engelhardt im Regionalliga­Team ausübt, wäre denkbar. „Wenn Sali so etwas wollen würde, dann wäre auch diese Tür für ihn offen. Aber ich glaube, dass er das jetzt noch nicht will.“ Exakt so ist es auch aus Sicht von Sejad Salihović. Bevor er endgültig zur TSG zurückkehrt, will er seiner Vita noch möglichst viele Vereins­ und Länderspiele hinzufügen.
Die Wohnung in Sinsheim hatten er, der gebürtige Berliner, und seine Frau auch während der China­Zeit nicht aufgegeben. „Berlin und Hoffenheim sind meine Bezugspunkte in Deutschland. Ich bin auch immer wieder einmal in Berlin, wo Teile meiner Familie leben. Aber ein paar Tage da reichen, in Berlin ist mir zu viel Hektik.“ Lieber kümmert er sich in aller Ruhe nach dem Training um Söhnchen Lian (2). „Der Kleine ist mein neues Hobby“, sagt Salihović und strahlt: „Unglaublich, wo mein Sohn in seinem Alter schon überall war.“
Sejad Salihović (2. v. li.) bejubelt ein Tor zusammen mit Roberto Firmino, Sebastian Rudy (halb verdeckt), Boris Vukčević, Sven Schipplock, Fabian Johnson und Andreas Beck (von links).
Eineinhalb Jahre verbrachte die Familie in China. „Sali“ sammelte als Profi ganz neue Erfahrungen, nachdem er im Sommer 2015 in das riesige Land mit seinen 1,2 Milliarden Einwohnern gezogen war. „Das erste halbe Jahr waren wir in Guiyang in der Provinz Guizhu. Da war es nicht leicht. Wir haben in einem Hotel gewohnt, aber es gab für uns keine Restaurants.“ Aber dann, nach dem Abstieg aus der Chinese Super League, entschied sich der Besitzer von Guiyang Renhe, den Klub in die 2.200 Kilometer entfernte Hauptstadt zu verfrachten. „Peking war dann super. Wir haben in der Stadt gewohnt, alles war da, auch ein Supermarkt, wo es normales Essen für uns gab.“ Doch dann deutete sich im Sommer 2016 das Ende bei Peking Renhe FC an. „Nach dem Abstieg hatten wir einen chinesischen Trainer bekommen. Der wollte die drei Ausländerplät­ ze mit offensiven Spielern besetzen. Es wurde dann ein Spieler aus Schweden geholt.“ Drei Tage später sollte der Transfer rückgängig gemacht werden, weil der Neue nicht gut genug war. Aber „Salis“ Abgang war beschlossen, obwohl sein Vertrag bis Ende 2018 gelaufen wäre.
„Ich wäre gern länger geblieben, ich bin mit den Menschen dort gut klar gekommen. Aber der Klub hat ordentliches Geld dafür bezahlt, meinen Vertrag aufzulösen, obwohl mir oft gesagt wurde, ich sei der beste von den Ausländern.“ Richtig schwer fiel es dem 32­Jährigen dann nicht, Adieu zu sagen. „Die erste Liga hat Spaß gemacht. In der zweiten Liga war ich ehrlich unterfordert.“ Und schön war es auch nicht mehr, nachdem das erste Halbjahr sportlich durchaus anspruchsvoll war und mit Zuschauerzahlen von 30.000 bis 40.000 auch oft mit einer guten Atmosphäre in den Stadien verbunden war. Kleine, alte Stadien, wenig Publikum – das erlebte „Sali“ in Chinas zweiter Liga, aber schlimmer für ihn war: „Die Spiele hatten nichts mehr mit Fußball zu tun.“
Guten Fußball hat Sejad Salihović zuletzt öfter gesehen, auch live in der WIRSOL Rhein­Neckar­Arena. Ihn freut es sehr, dass die TSG im Jahr 2016 so überzeugend auftrat. „Wenn die Mannschaft weiter so arbeitet, ist der Europacup endlich drin. Aber es wird noch sehr eng, weil die großen Vereine wie Leverkusen, Schalke und Gladbach es unbedingt besser machen wollen.“ Dass man eine gute Platzierung in der Bundesliga einbüßen kann, weiß „Sali“ aus dem Frühjahr 2009 zu genau, als die TSG als Herbstmeister auf Rang sieben zurückfiel. „Ich drücke der Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann die Daumen, dass sie es diesmal schafft. Doch niemand sollte enttäuscht sein, wenn es nicht klappt. Es wird ein ganz harter Kampf.“
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