Page 84 - Spielfeld_Januar_2017
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                 WER FUSSBALL SPIELTE, WAR EIN LÜMMEL
In der Entwicklung des Fußballs zur weltweit beliebtesten Sportart gibt es erstaunliche Fakten. In England spielten die Söhne reicher Eltern zuerst Fußball aus Protest,
in Deutschland war aber jeder, der den Ball mit Füßen trat, ein Lümmel. SPIELFELD beantwortet neun Fragen zur Historie
Wann wurde der Fußballsport erfunden?
Es gab – schon bevor Jesus geboren wurde – Spiele, die viel mit Fußball zu tun hatten. Und zwar in China irgendwann zwischen 220 und 202 vor Christus. Das sind also 2.237 Jahre bis heute. Ganz schön alt sahen die Spielplätze aus: Die Tore bestanden aus Bambus, das Spielfeld war quadratisch, der Ball war aus acht Lederteilen zusammengenäht und mit Haaren gefüllt. Das Spiel war eine Übung für angehende Soldaten. Ganz wilde Volksballspiele soll es auch zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert in Europa gegeben haben. Dann traten zwei Dörfer gegeneinander an und die Truppe, die zuerst nur mit den Füßen den Ball durch das Stadttor des Gegners befördert hatte, war der Sieger. Vielleicht spielte damals auch Hovaheim (Hoffe hieß wirklich so) gegen Zuzenhausen. In Florenz und Italien gibt es Calcio Storico, das im 15. Jahrhundert entstanden ist und an eine Mischung aus Fußball und Rugby erinnert. Das Spiel, wie wir es heute kennen, entstand – wo denn sonst? – im Fußball-Mutterland England. Und zwar, weil Schüler und Studenten die Nase voll hatten vom Rugby.
Calcio Storico (Historischer Fußball) wird in Florenz noch immer gespielt. Das Spiel ist 500 Jahre alt und eine Mischung aus Fußball und Rugby.
Titelbild auf den Seiten 82/83: Bei dem Bild aus dem Jahr 1900 soll es sich um eine Zeichnung eines der ersten Länderspiele zwischen England und Schottland handeln. Auch hier ist noch zu erkennen, dass Fußball seine Wurzeln im Rugby hat.
Wie kam es zum heutigen Fußball?
Entwickelt wurde Fußball aus dem Rugby, wo der Ball – besser gesagt das Ei – mit Händen und Füßen befördert wird. Rugby war vor 200 Jahren in England auch eine neu erfundene Sportart wie Cricket und Rudern. Sport getrieben wurde nur an Schulen, die von Söhnen reicher Eltern besucht wurden. Fußball war aber rau und rabiat wie Rugby. Wild ging es her, wenn Jungen und Männer aus dem einfachen Volk losbolzten. Um 1840 begannen dann auch die jungen Männer aus den feinen Familien, Fußball zu spielen und zwar aus Protest. Es war eine kleine Rebellion gegen Eltern und Lehrer. Aber es wurde noch nach den Regeln gespielt, über die man heute den Kopf schütteln würde. (Wie auf dem großen Foto auf den beiden vorhergehenden Seiten waren die Hände noch im Spiel, aber der Ball durfte nicht mehr festgehalten werden.) Da das Spiel immer beliebter wurde, nahmen es die Schulen in den Sportunterricht auf. 1845 bekam es feste Regeln. Und plötzlich war es wertvoll für das Sozialverhalten in der Gruppe, für Disziplin und Fairplay. In Großbritannien setzte Fußball zum Siegeszug an und war bald der belieb- teste Sport.
Wie waren die Anfänge des Fußballs in Deutschland?
In Deutschland wurden Fußballspieler lange beschimpft. Es gehörte sich einfach nicht. Lümmel und ungezogene Burschen wären diese jungen Männer; was sie taten, wurde als „Fußlümmelei“ beleidigt. Das ist rund 150 Jahre her. Fußball war total neu in Deutschland. Andere Ballspiele für Mannschaften gab es auch noch nicht. Nur Turnen war bekannt, wobei
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