Page 72 - Spielfeld_Januar_2017
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                EINE LEGENDE GEHT
Gerhard Oswald, ein großer Freund der TSG 1899 Hoffenheim, tritt zum Jahreswechsel in den Ruhestand. Seit 1981 arbeitet der 63-Jährige bei SAP, 21 Jahre gehörte er sogar zum Vorstand des Software-Unternehmens in Walldorf. Beim TSG-Hauptsponsor hört er auf, einer der leidenschaftlichen Herzblutfans des Klubs wird er bleiben.
Die Süddeutsche Zeitung fasste es in einer knappen Über- schrift zusammen, aus der Ehrfurcht und Anerkennung sprach. „Eine Legende geht“, so lautete der Titel eines
Textes, der sich im Wirtschaftsteil dem Wirken von Gerhard („Gerd“) Oswald widmete. In der deutschen Wirtschaft ist Oswald einer der ganz Großen, sogar ein Rekordhalter. Schon seit 1996 lenkt er die Geschäfte des SAP-Konzerns als Mitglied des Vorstands. In dieser Zeit ist das Walldorfer Unternehmen zu einem der weltweit erfolgreichsten Software-Imperium geworden und Oswald zum dienstältesten Vorstand in einem Dax-Unternehmen. Mit den sechs Vorstandsvorsitzenden Diet- mar Hopp, Hasso Plattner, Henning Kagermann, Leo Apotheker, Jim Snabe und dem aktuellen Vorstandschef Bill McDermott hat Oswald zusammengearbeitet. „Alle sehr unterschiedliche Persönlichkeiten“, sagte Oswald im Gespräch mit der Rhein-Neckar- Zeitung, die den erfahrenen Manager ebenfalls umfassend würdigte. Dass Oswald eine besondere Persönlichkeit ist, das wissen auch viele bei der TSG Hoffenheim.
Dietmar Hopp sagt über seinen Freund: „Er war ein Glücksfall für die SAP.“ Stadionsprecher Mike Diehl, der mit Gerd Oswald befreundet ist, bestätigt das, was auch die SAP-Angestellten immer betont haben: „Er ist so gastfreundlich und bodenständig, dass man es kaum glauben kann. Wenn man ihn braucht, ist er da. Gerd lässt auch seine Freunde und Verwandte eng an seinem Erfolg teilhaben“, sagt Diehl. Oswald, der erfahrene Manager, bringt sein Know-how auch in den Klub ein, denn er gehört seit vielen Jahren dem Beirat an. Die Bundesliga-Mannschaft liegt
ihm sehr am Herzen. Wie viele andere Fans freut sich der Bald-Rentner über den Aufschwung, den das Team in dieser Saison erlebt. Mit Leidenschaft und Emotion ist Oswald bei den Heimspielen da- bei, gelegentlich besucht er mit Dietmar Hopp
auch Auswärtsspiele.
Gerd Oswald fiebert mit – so wie in der Fast-Abstiegssaison 2013, die in den Relegationsspielen gegen Kaiserslautern doch noch gut endete. Gerd Oswald leidet mit – besonders wenn der TSG Ungerechtigkeit widerfährt wie beim Phantomtor von Stefan Kießling, als der Ball zwar nie die Torlinie überschritt, Schiedsrichter Felix Brych aber dennoch einen Treffer für Leverkusen gab. Die Empörung war in der ganzen WIRSOL Rhein-Neckar-Arena groß, auch bei Gerd Oswald, der – wenn er den Zugriff auf den Hauptlichtschalter für das Flutlicht gehabt hätte – dem Spiel den Saft abgedreht hätte. Es gibt noch mehr Anekdoten, die Gerd Oswalds große Leidenschaft für die TSG dokumentieren. Er ist eben ein Sportler, spielt selbst Golf und war früher immer dabei, wenn bei der SAP freitags in Walldorf Fußball gespielt wurde. Zusammen mit seiner Frau Sonja, mit der Gerd schon seit den Jugendjahren zusammen ist, kümmert er sich heute am liebsten um seine drei Golden Retriever und ist daher viel in der Natur unterwegs.
Als der gebürtige Mainzer seine Diplomarbeit schrieb, stieß er in einer kleinen, achtseitigen Broschüre auf die damals gerade ein paar Jahre alte SAP. „Es war ein IT-Unternehmen, das zu dieser Zeit kaum jemand kannte. Ich war begeistert von der Idee jener Standardsoftware für Unternehmen. So nahm ich Kontakt zu den Gründern auf – per Post. Dies war der Beginn meiner langen Karriere bei SAP, und ich bereue keine Minute“, sagte er in einem der ganz wenigen Interviews, die er als Vorstand gab. 70 Mitarbeiter hatte die SAP damals, als der Betriebswirt Oswald von Siemens in die Rhein-Neckar-Region kam. Seitdem hat er einen sehr großen Anteil daran, dass aus der Firma ein Weltkonzern mit heute 83.000 Mitarbeitern erwuchs. Oswalds Grundlage für den Erfolg seien „seine pragmatische Intelligenz, sein unbändiger und zielführender Fleiß“, sagte Dietmar Hopp.
Eine Legende geht – das mag für einen Wirtschaftsbericht richtig sein, obwohl „G.O.“ auch künftig ein, zwei Tage pro Woche der SAP beratend zur Seite stehen will. Für die TSG Hoffenheim und viele andere Engagements von Oswald wird es jedoch heißen: Die Legende bleibt. Denn der große Fußball- Fan wird sich noch stärker als bisher sozialen Projekten in der Region zuwenden. Zusammen mit seiner Frau hat Gerd Oswald bereits eine Stiftung gegründet, die auch den Verein „Anpfiff ins Leben“ unterstützt.
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