Page 14 - Spielfeld_Januar_2017
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                „ICH LIEBE ES, STRASSENKICKER ZU SEIN“
Nadiem, Du hast im Jahr 2016 den Durchbruch in der Bundesliga geschafft und bist U21-Nati- onalspieler geworden. Hast Du das Jahr schon
einmal Revue passieren lassen?
„Noch nicht so richtig, da alles so schnell gegangen ist. Aber natürlich hat man zwischendurch auch immer mal Momente, in denen man zurückblickt und denkt: ‚Ist das wirklich alles passiert?‘ Insgesamt war es ein Jahr mit vielen Höhen und einigen Tiefen, wie meinen Verletzungen. Aber das Positive überwiegt natürlich extrem.“
Was waren Deine Höhepunkte?
„Als Erstes ganz klar der Klassenerhalt. Dass wir uns nach dieser schlimmen Saison noch gerettet haben, war einfach nur verrückt. Für mich persönlich zudem meine Tore in Frankfurt und Ingolstadt, die ganz wichtig waren, dass wir in der Bun- desliga geblieben sind. Ich habe nun fast 50 Bundesligaspiele gemacht und kann sagen, dass ich mich etabliert habe. Jetzt muss es aber natürlich auch so weitergehen.“
Gab es einen Gegenspieler, der Dich besonders beein- druckt hat?
„Kein bestimmter, aber das letzte Spiel gegen die Bayern war natürlich schon krass. Vidal, Thiago, Alonso – das ist schon hart, was da im Mittelfeld auf einen zukommt. Das war das schwerste Spiel meines Lebens. Ich bin nur gerannt, das war eine wichtige Erfahrung.“
Bist Du vor solchen Duellen noch ehrfürchtig, da Du nun gegen Spieler antrittst, die Du früher im Fernse- hen bewundert hast?
„Das ist für mich immer noch besonders. Vor allem Alonso war früher ein Idol, auch an der Playstation bei Fifa habe ich immer mit ihm gespielt. Und dann steht er plötzlich auf dem Platz vor mir, wir führen Zweikämpfe und klatschen danach ab. Wenn ich jetzt drüber nachdenke, finde ich es selbst Wahnsinn. Im Spiel will ich aber nur gewinnen und es ist mir egal, wer mir gegenübersteht.“
Hast Du Dir auch mal ein besonderes Trikot gesichert?
(Lacht) „Ja, letzte Saison das von Thiago. Er ist ein unglaub- licher Spieler. Ich habe erst überlegt, ob ich wirklich fragen soll. Dann habe ich es einfach gemacht und er hat mit mir getauscht. Das Trikot hat zu Hause natürlich einen Ehrenplatz, da bin ich wie jeder Fußballfan.“
Etabliert auf der großen Bühne: Nadiem Amiri (r.) im Zweikampf mit seinem früheren Idol Thiago vom FC Bayern.
Diese Erlebnisse waren vor knapp eineinhalb Jahren stark gefährdet: Nachdem Du im Frühjahr 2015 schon sieben Bundesliga-Einsätze hattest, wurdest Du zu Be- ginn der Saison 2015/16 aus disziplinarischen Gründen zur U23 delegiert. War das ein Wendepunkt für Dich? „Auf jeden Fall, da hat es bei mir Klick gemacht. Diese Zeit hat mir extrem weh getan, auch meinen Eltern. Sie dachten, dass alles, wofür wir als Familie viel investiert hatten, nun einfach schieflaufen kann. Und das so nahe vor dem Ziel. Mein älterer Bruder und mein Cousin, der eine mögliche Karriere wegen solcher Dinge weggeworfen hat, haben mir da ins Gewissen geredet und mich wieder in die richtige Bahn geführt. In diesen Wochen wurde ich reifer und habe zu schätzen gelernt, was ich im Profi-Bereich alles habe. Das war ein Warnschuss, der extrem wichtig für mich war. Es gibt halt Spieler, die machen immer alles richtig und Jungs wie mich, die so etwas brauchen.“
Was war denn eigentlich vorgefallen?
„Darüber rede ich nicht mehr. Das ist kein Thema mehr.“
Dabei war die Freude groß, als Du Deinen Profi-Vertrag unterschrieben hast. Zu Hause sind Tränen geflossen ... „Ja, bei mir und meinen Eltern. Das ist ja normal: Sie haben mich jahrelang überall hingefahren. Und ich habe dem Fuß- ball alles untergeordnet. Dann erhält man den ersten Vertrag, das ist ein wahnsinniges Gefühl. Für mich war es das Schöns- te auf der Welt, meine Eltern so stolz und glücklich zu sehen. Es ist ein Traum, ihnen nun etwas zurückgeben zu können. Dafür, dass sie mein ganzes Leben für mich da waren und meine Profi-Karriere dadurch erst ermöglicht haben. Ich möchte ihnen irgendwann noch mehr zurückgeben. Aber erstmal auch hier noch einmal: Danke Mama, danke Papa!“
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