Page 45 - Spielfeld_Dezember_2016
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                   Verein
 Abklatschen mit Kai Herdling: Willi Heinlein (r.)
 „Wenn ich heute ins Stadion gehe, bekomme ich Gänsehaut. Es ist ein Traum wahr geworden.“ WILLI HEINLEIN
Mitgliedsausweis, Nummer 139. Man kann ihm wahrlich nicht vorwerfen, seine Liebe zum heutigen Bundesligisten erst spät, gar im Erfolg, entdeckt zu haben.
Als Junge spielte Horst Heinlein bei der TSG Fußball; ein ordentlicher Keeper, der bis in die zweite Herren- mannschaft das Tor hütete. Der Übergang zur Lauf bahn abseits des Rasens geriet fließend. Ein Dorfverein braucht immer freiwillige Helfer, ehrenamtliche Über- zeugungstäter waren stets rar gesät. Horst Heinlein aber war immer da. Er lief bei den Spielen in den unteren Amateurklassen um den Sportplatz und kassierte das Eintrittsgeld. Später, erzählt er belustigt, „hab’ ich die erste Dauerkarte erfunden“. Er fand 50 Käufer. So fing es an. Er war zweiter Vorsitzender, und seit 30 Jahren ist er nun auch so etwas wie die „Stimme der TSG“. Als Stadionsprecher im Dietmar-Hopp-Stadion erlebt er den rasanten Aufstieg des Klubs hautnah mit. Vom Jahr 1999 an, als das Stadion mit dem Spiel gegen den großen FC Bayern München eröffnet wurde. Horst Heinlein hat es nicht vergessen, wie er da unten auf dem Rasen stand; im Kopf die Zeiten aus der Kreisliga, vor sich die Stars Oliver Kahn, Stefan Effenberg oder Giovane Elber. Und Bayern-Stadionsprecher Stefan Leh- mann, eine Koryphäe der Sprecherszene. „Ich hab‘ ihn gefragt, ob er seine Bayern nicht ansagen will“, erzählt Horst Heinlein. „Er sagte nur: ‚Nee, Horst, das ist dein Stadion.‘“ Dem 67-Jährigen ist die Rührung, der Stolz durchaus anzumerken. „Sein Stadion“, sein Klub; heute so weit oben. „Ich hätte das nie für möglich gehalten.“
Seinen Brüdern erging es nicht anders. Sie hatten ja den Tiefpunkt erlebt, hautnah, als Spieler; 1989, beim Abstieg in die Kreisklasse in der Relegation gegen den FC Stebbach: Willi Heinlein als Linksverteidiger, Achim vor ihm. Der Linksaußen, auf dem Rasen einer der Verlierer, nennt es heute amüsiert „die erfolgreichste Niederlage der Vereinsgeschichte“. Denn abseits des Rasens in Elsenz stand an jenem Tag Dietmar Hopp. Und beschloss, seinen Heimatklub fortan zu unterstützen.
Doch davon ahnte 1989 noch niemand etwas; im Ge- genteil: Bei der folgenden Jahreshauptversammlung „haben alle nur gemeckert, aber keiner wollte etwas tun“, erinnert sich Willi Heinlein an die triste Stimmung im Klubhaus. Das Präsidentenamt war nach dem Rück- zug des Vorstands vakant, der Verein stand ohne Führung da. Willi Heinlein war genervt von der negativen Atmo- sphäre, doch er wusste auch keinen Ausweg: Er war zuvor in das Familienunternehmen für Bürotechnik eingestiegen, spielte selbst noch aktiv bei der TSG und trainierte bereits nebenher die A-Jugend. „Ich wusste, wenn ich jetzt die Hand hebe, dann hab ich gleich zwei Pistolen im Rücken: von meiner Frau und meinem Vater.“ Um kurz vor Mitternacht sagte er zu. Willi Heinlein wurde TSG-Präsident. „Ich konnte den Klub doch nicht im Stich lassen. Irgendwer muss dann doch Verantwortung übernehmen. Man kann nicht immer nur meckern und reden.“
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 Interessierte Beobachter: Achim und Horst Heinlein in der SPpIrEeLcFhEeLrDkaTbSiGne1d8e9s9DHiOetFmFaErN-HoEpIMp-Stadions.
  

























































































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