Page 29 - Spielfeld_Dezember_2016
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                 Dr. Thomas Frölich ist seit sechs Jahren für die TSG Hoffenheim tätig. Der Sportmediziner und Chirurg ist unter den Bundesliga-Teamärzten schon so lange dabei wie nur Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt von Bayern München. Im Gespräch mit SPIELFELD schildert der Schwabe, der in Böblingen eine eigene Praxis betreibt, die Besonderheiten seiner Arbeit mit den TSG-Profis.
Sie teilen sich mit Dr. Ralph Kern die Betreuung der Bundesliga-Mannschaft. Wie organisieren Sie die Aufteilung?
„Normalerweise ist der Dienstag mein Hoffenheim-Tag, Don- nerstag ist Ralph Kern im Trainingszentrum. Die Spiele teilen wir uns auf, in einigen wenigen Ausnahmefällen sind wir beide mit von der Partie. Wer die Spielbetreuung übernimmt, ist auch am Tag zuvor beim Abschlusstraining dabei und am Tag nach der Partie in Zuzenhausen. Ein Spiel ist also mit drei Dienst-Tagen verbunden.“
Sie haben eine fast 30-jährige Berufserfahrung, erst als Physiotherapeut, dann als Arzt. Worin besteht grundsätzlich die spezielle Anforderung an einen Mannschaftsarzt bei einer Profifußball-Mannschaft? „Die besondere Herausforderung liegt darin, dass möglichst immer alle Spieler einsatzbereit und frei von Verletzungen sein sollen, und dies bei einem dichten Terminplan. Jeder Trainer will immer alle Spieler zur Verfügung haben. Aber es können auch Beschwerden auftreten, die sich nicht exakt definieren lassen. Oder die Behandlung von Verletzungen dauert länger. Die Trainer fragen nach, auch die Spieler drän- gen, weil sie spielen wollen. Die medizinische Behandlung ist die gleiche wie bei allen anderen Patienten auch, nur der Druck von außen ist für Ärzte höher. Man braucht als Sport- mediziner viel Erfahrung, um einschätzen zu können, wann Spieler nach Verletzungen wieder spielen sollten, eventuell auch mit Schmerzen.“
Also braucht ein Teamarzt viel Vertrauen und auch eine gewisse Autorität, um erfolgreich arbeiten zu können? „Das Dilemma liegt darin, dass Verletzungen, selbst kleinere Beschwerden, oft schlimmer werden können, wenn man zu früh wieder voll trainiert oder zu schnell wieder in den Wettkampf einsteigt. Statt einer Woche können es dann sechs Wochen werden, die ein Spieler ausfällt. Es passiert in der Bundesliga durchaus, dass Spieler zu früh wieder einsteigen und dann zwei, drei Monate ausfallen. Man muss als Arzt manchmal auf die Bremse treten. Aber wenn er zu lange auf der Bremse steht, hat er keine lange Halbwertzeit bei einem Verein. Wegen eines Schnupfens kann kein Spieler eine Woche ausfallen.“
Ist bei der TSG Hoffenheim der Druck, die Spieler fit zu bekommen, genauso hoch?
„Bei der TSG hast du als Mediziner zwei Vorteile. Als erstes handelt es sich um eine junge Mannschaft. Bei Spielern von 18 bis 25 Jahren treten viel weniger gesundheitliche Probleme auf als bei den älteren von 26 bis 35. Und der zweite Vorteil ist, dass die TSG keine internationalen Spiele zu bestreiten hat,
wobei sich natürlich jeder im Verein wünscht, dass sich das irgendwann einmal ändert. Mit den vielen Reisen in der Euro- oder Champions-League bleibt weniger Zeit zum Training, mit dem erhöhten und verdichteten Wettkampfstress nimmt das Risiko von Verletzungen deutlich zu. Außerdem haben Ralph Kern und ich das große Glück, dass hier in Hoffenheim sehr vernünftige Leute an den verantwortlichen Stellen arbeiten. Den Trainern und auch allen anderen geht es darum, dass die jungen Spieler nachhaltig entwickelt und nicht kaputt gemacht werden. Das ist nicht überall so.“
Welche Rolle haben die Physiotherapeuten Peter Geig- le, Michael Schuhmacher und Sören Johannsen in der Medizinischen Abteilung der TSG?
„Die Physios spielen in allen Vereinen eine wesentliche Rolle. Sie sind näher dran an den Spielern als die Ärzte und oftmals sogar näher als die Trainer. Unsere Physios sind enorm wich- tig für das Alltagsgeschäft. Geigle, Schuhmacher, Johannsen, Rüdiger Schuster und bei Bedarf noch weitere Kollegen aus unserem Reha-Zentrum leisten herausragende Arbeit. Das alles geschieht im Team, es gibt regelmäßige Besprechungen zwischen Arzt, Physios und den Athletik-, Reha- und Präven- tivtrainern. Nur wenn das Team funktioniert, kann die Reha verletzter Spieler ohne Verzögerungen erfolgreich sein.“
Dreht sich die Arbeit der Physios vor allem um Verletzungen?
„Das macht nur etwa ein Drittel ihres Jobs aus. Zu rund zwei Dritteln arbeiten sie präventiv, sie behandeln die Spieler, damit erst gar keine Verletzungen auftreten. Den präventiven Bereich haben wir in Hoffenheim immer weiter verbessert. Christian Neitzert, der auch gelernter Physiotherapeut ist, arbeitet als Präventivtrainer und absolviert mit den Spielern spezielle Übungen, die gezielt Verletzungen vorbeugen und die individuelle Leistungsfähigkeit verbessern sollen. Die Arbeit der Physios ist ein wichtiger Mosaikstein für den Erfolg.“
Profis
  Physiotherapeut Peter Geigle und Mannschaftsarzt Ralph Kern (r.) versorgen den verletzten Marc Uth.
SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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