Page 56 - Spielfeld_September_2016
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Es war Grund genug, vor einem Jahr beim VfB Stuttgart die Zelte abzubrechen, in den Kraichgau zu wechseln und sein schwäbisches Zuhause aufzugeben, das längst seine Heimat geworden ist. Drei Jahre alt war der kleine Domenico, als seine Eltern aus dem kalabrischen Rossano im Süden Italiens ins Ländle kamen, um ihr berufliches Glück zu finden. In Aichwald bei Esslingen wurden die Tedescos heimisch. Die zwei jüngeren Geschwister von Domenico wurden bereits in Deutschland geboren, der Trainer selbst besitzt nach wie vor beide Staatsbürgerschaften. Er begann mit dem Fußball, ein talentierter Mittelfeldakteur mit dem Blick für die Taktik, ein Kapitän, der mit den Trainern über die beste Ausrichtung debattierte; in Zuffenhausen schaffte er es schließlich bis in die Landesliga. Der Traum von der Zukunft als Profi-Fußballer – wie jeder begeisterte Kicker hat auch der junge Domenico ihn geträumt, aber er wusste: Nicht träumen zählt, sondern arbeiten. Die Schule stand im Fokus, er machte sein Fachabitur, absolvierte anschließend ein Master-Studium in Ingenieurwissenschaften.
„Es ist einfach gut und wichtig, ein zweites Standbein zu haben“, sagt Tedesco. Das verbindet ihn mit dem Hoffenhei- mer Weg, auch mögliche Perspektiven abseits des Profi-Da-
seins aufzuzeigen und zu erarbeiten; der U19-Coach kann ihn glaubwürdig vorleben. Nach dem Studium arbeitete er drei Jahre bei der IndustrieHansa als Dienstleister für Mercedes-Benz, nebenher coachte er Juniorenteams beim VfB Stuttgart, im Gespann mit Thomas Schneider, dem heu- tigen Co-Bundestrainer und dem Ex-Nationalspieler Andreas Hinkel. Tedesco spürte sein Talent – und konnte sich stets auf seinen Fleiß verlassen: „Alles was ich mache, möchte ich bestmöglich machen.“ Er ist ungemein akribisch, detailver- liebt. Il Tedesco, der Deutsche. Welch ein passender Zufall ist die Übersetzung seines italienischen Namens. Wenn es eine Schwäche gibt? Tedesco lächelt sanft: „Mal ab und an etwas lockerer werden.“
Wichtig aber sind ihm als Trainer vor allem Fairness und Menschlichkeit. „Prinzipiell spreche ich alles offen an, immer unter vier Augen. Die Jungs dürfen das dann auch. Das Thema Menschlichkeit ist mir wichtig. Ich glaube daran, dass man es zurückbekommt, wenn man anderen Vertrauen entge- genbringt.“ Die Jungs der U19 wollen ihn nicht enttäuschen. Nur der Fernseher wird in Zukunft das ein oder andere Mal vielleicht mal ausbleiben. Es gibt ja noch Wichtigeres: Im Dezember wird Domenico Tedesco zum ersten Mal Vater.
„Alles was ich mache, möchte ich bestmöglich machen.“
DOMENICO TEDESCO
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