Page 26 - Spielfeld_September_2016
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 EIN KAPITÄN MIT ZWEI HEIMATLÄNDERN
Bogusław Eugeniusz Polański ist der vollständige, polnische Name des TSG-Kapitäns. Polanski wurde in der 200.000-Einwohner-Stadt Sosnowiec geboren, die in der Nähe von Kattowitz liegt. Im Alter von drei Jahren zog er aber bereits mit seiner Familie nach Viersen an den Niederrhein, momentan wohnt er mit seiner Familie in Bingen. Heimisch fühlt er sich in beiden Län- dern und Regionen: „Ich bin in Polen geboren und habe polnisches Blut, auch meine Frau kommt aus Polen. Natürlich habe ich eine starke Bindung zu meiner Heimat.“
Allerdings fühlt sich der 30-Jährige in Deutschland nicht weniger wohl: „Ich habe fast mein ganzes Leben hier verbracht, meine Kinder sind hier aufgewachsen und ich habe früh in den deutschen Junioren-National- mannschaften gespielt. Ich bin sehr dankbar, weil ich viel gelernt habe und es hat mich stolz gemacht, Kapitän der DFB-Nachwuchs-Auswahl zu sein.“ Die Heim-EM in Polen 2012 war dennoch etwas ganz Besonderes für den Fußballer, der beide Staats- bürgerschaften besitzt: „Ich habe mich immer als Pole gefühlt und es war ein Traum, für mein Heimatland bei diesem Turnier auf dem Platz zu stehen.“
Aber auf der anderen Seite dürfen die Spieler auch niemals verges- sen, dass es nicht normal ist, dass ihnen alles abgenommen wird. Wir genießen eine perfekte Pf lege, bekommen die Trainingssachen gewaschen und die Bälle aufgepumpt. Da muss man den Menschen, die das alles ermöglichen, auch mal Dankbarkeit zeigen und wenn es sich ergibt, auch mal selbst anpacken und anderen helfen. Das ist für mich normal.“
Lob von und für Nagelsmann
In Julian Nagelsmann hat er einen Trainer, der ebenso stark für klare Werte und gute Umgangsformen im Mannschaftssport eintritt. Die Zusammenarbeit mit dem 29-Jährigen und damit ein Jahr jüngeren Coach begeistert Polanski, der Nagelsmann einen „überragenden Trainer“ nennt: „Er hat viele Facetten und ein Wahnsinnsrepertoi- re. Als Spieler kann man viel von ihm lernen, das ist für mich sehr wichtig. Die tägliche Zusammenarbeit mit ihm ist nochmal eine ganz neue Erfahrung.“ Die Kommunikation zwischen Führungsspieler und Trainer funktioniert genauso gut wie zwischen Nagelsmann und den Talenten. Polanski schätzt den Charakter seines Trainers ebenso wie dessen Lockerheit abseits des Platzes und den lockeren Umgangston im zwischenmenschlichen Bereich. Dass daraus aber keine Rückschlüsse auf Nagelsmanns Arbeit als Trainer gezogen werden, ist allen Spielern klar. „Er setzt total auf Leistung und nimmt keine Rücksicht auf Namen. Er hat keine Scheu, Spieler draußen zu lassen. Da wissen alle Bescheid, und das sieht man bei jedem Training“, sagt Polanski – der den Erfolgsdruck genießt. Dabei ist vor allem seine Position im zentralen Mittelfeld extrem umkämpft. „Man sagt ja vor jeder Saison, dass der Konkurrenzkampf sehr groß sei. Bei uns stimmt es in diesem Jahr aber zu 100 Prozent, auf kaum einer Position ist jemand gesetzt, jeder gibt enorm Gas.“
In der zurückliegenden Saison merkte Polanski am eigenen Leib, dass Nagelsmann dem Erfolg alles unterordnet. Der Routinier pen- delte zwischen Bank- und Stammplatz und erlebte viele Spiele des Abstiegskampfes vom Seitenrand. Frust oder Verbitterung kamen bei ihm aber nicht auf – im Gegenteil. Polanski zeigte jene Tugenden, die er auch von anderen erwartet: Er ordnete sich dem Teamerfolg unter, unterstützte seine Kollegen und hatte sogar Verständnis für die Entscheidung des Trainers. Selbstkritik statt Schuldzuweisung. „Die Saison war nicht gut, auch nicht von mir. Ich hatte unter Huub Stevens wenig gespielt und war nicht in Form. Julian hat damals die richtigen Aufstellungen gewählt. So ist der Fußball manchmal. Dann muss man sein Ego hinten anstellen. Es ist immer entscheidend, dass die Mannschaft im Vordergrund steht und nicht der Einzelne.“
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Eugen Polanski bei der Heim-EM 2012


























































































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