Page 75 - Spielfeld_August_2016
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 Region
 SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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Wie alt sind sie? Wie sind sie aufgebaut? Was ist dort schon alles passiert? Mich reizen die alten Stadien, die noch Charakter haben. Das finde ich spannend!“ Besonders die Spielstätten in Kroatien und Tschechien haben es ihm angetan. Das schönste Stadion der Welt? „Für mich eindeutig das Kantrida im kroatischen Rije- ka. Auf der einen Seite liegt direkt das Meer, auf der anderen eine große Felswand. Inzwischen wird dort leider nicht mehr gespielt. Es soll für einen Neubau abgerissen werden.“ Einer, der das Kantrida ebenfalls gut kennt, trägt jetzt übrigens das TSG-Trikot: Andrej Kramaric spielte von 2013 bis zum Januar 2015 für HNK Rijeka, erzielte in 64 Partien sensationelle 55 Tore.
Herzels Leidenschaft für osteuropäische Stadien aber hat einen weitaus profaneren Grund: „Dort gibt es noch viele dieser alten, teilweise schon etwas verrot- teten Schüsseln.“ Herzel hält eine Eintrittskarte des tschechischen Erstligisten FK Teplice in der Hand. Der Eintritt kostete umgerechnet knapp vier Euro, ein Bier 70 Cent. Erst kürzlich war er in Prag, wo er sich unter anderem das einstmals größte Stadion der Welt ansah: das Strahov Stadion. In der Vergangenheit sei es für Massenveranstaltungen genutzt worden und soll bis zu einer halben Millionen Menschen Platz geboten haben. „Heute ist das Areal in zwölf Felder unterteilt, auf denen die Jugendmannschaften von Sparta Prag spielen.“
Traum von den Urawa Red Diamonds
Doch neben dem Länderpunkte sammeln sei das Groundhopping durchaus auch eine Art Lebensschu- le, lehre Werte wie Toleranz und Respekt: „Man wird offener und verständnisvoller“, sagt Stefan Herzel. Zwei Tage nachdem in Istanbul mehrere Deutsche bei einem Attentat getötet wurden, reiste er mit Freunden in die türkische Hauptstadt.
Im Flugzeug kamen sie mit einem Türken ins Gespräch, der sich weinend für die Tat in seinem Land entschul- digte. In einem Restaurant meinte ein Mitarbeiter, wie sehr er sich für das Geschehene schäme und wollte der Gruppe sogar das Essen schenken. „Mit diesem Ausmaß an Mitgefühl hätte ich nicht gerechnet“, meint Herzel. Er interessiert sich für andere Kulturen und bereitet sich darauf vor. So lernte er drei Monate Spanisch, bevor er nach Barcelona flog. „Mir ist das wichtig. Ich will neben dem Stadion auch die Städte und die Menschen besser kennenlernen.“
Sein größter Stadien-Traum liegt allerdings weit entfernt – sowohl geografisch als auch sprachlich. Herzel will einmal im Stadion der Urawa Red Diamonds in Japan stehen. Tomislav Marić hat dort gespielt, bevor er zur TSG wechselte. Herzel zeigt Bilder aus dem Internet und kommt ins Schwärmen: „Wahnsinn, was die dort für Choreographien machen. Und was für eine geile Stimmung. Aber es kostet halt. Da kommst du nicht mal eben für 22 Euro hin.“


























































































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