Page 44 - Spielfeld_Juni_2016
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                  SPRECHSTUNDE BEI DR. FRÖLICH
GEHIRNERSCHÜTTERUNG – VORSICHT IST ANGESAGT
  Gut und richtig gespielte Kopfbälle sind eine Kunst. Wer es richtig gelernt hat, läuft nicht in Gefahr, sich dabei eine Verletzung zuzuziehen oder Langzeitschä-
den davon zu tragen. Aber Gehirnerschütterungen sind im Sport und speziell im Fußball ein ernstes Thema. Sie werden leider oft nicht angemessen auskuriert. Manchmal dauert die Heilung sehr lange.
Hervorgerufen werden sie beim Profifußball nicht durch die Kopfbälle selbst, also den Aufprall des Balles auf die Stirn, sondern beim so genannten Kopf ball-Duell, wenn die Schädel von zwei Spielern aneinanderstoßen. Oder bei hohen Flanken, wenn ein angreifender Spieler zum Kopf ball hochsteigt und der Torwart ihn mit der Faust oder dem Ellbogen trifft. Auch die Torhüter sind besonders gefährdet, vor allem wenn sie sich auf den Boden werfen und ein heranstürmender Gegen- spieler sie am Kopf trifft.
Sehr gefährlich sind Zusammenstöße von Spielern, die durch unglückliche Umstände entstehen, wie es kürzlich im Training der TSG Hoffenheim passiert ist. Steven Zuber erlitt bei einem Zusammenprall mit Fabian Schär sogar einen Schädelbasisbruch. Das war ein schwerer Unfall, den man schon gar nicht mehr als eigentliche Sportverletzung bezeichnen kann. Aber das Beispiel zeigt: Bei Kopfverletzungen und auch beim Verdacht auf eine Gehirnerschütterung ist größte Vorsicht geboten. Am besten ist es, schnell einen Arzt zu Hilfe zu rufen.
Dr. Thomas Frölich, Facharzt für Chirurgie und Allgemein- medizin, praktiziert als Experte für Sportverletzungen am ETHIANUM Heidelberg. Der 56-Jährige ist zudem Mannschaftsarzt der TSG.
Wie stellt man fest, dass bei einem Verletzten eine Gehirn- erschütterung vorliegt?
„Eine Gehirnerschütterung kann sich durch Kopfschmer- zen, Schwindel, Übelkeit, Nackenschmerzen, Schwäche, Müdigkeit und/oder verschwommenes Sehen bemerkbar machen. Der Verletzte muss angesprochen werden. Sind die Antworten auf einfache Fragen – z.B. den Spielstand betreffend – falsch, besteht der dringende Verdacht auf eine Gehirnerschütterung. Sind die Antworten korrekt, aber die Koordination oder die Wahrnehmungen wie Sehen oder Hören gestört, oder besteht eine Erinnerungslücke, ist das ebenso ein Hinweis auf eine Gehirnerschütterung.“
Was ist im Akutfall zu tun?
„Kann der Verletzte die gestellten, einfachen Fragen nicht beantworten, wirkt er verwirrt oder klagt selbst über eine Störung, darf er auf keinen Fall weiterspielen – auch wenn die Symptome vorübergehen. Ruhe ist sehr wichtig. Der Kreislauf und die Reaktionen des Verletzten sind zu überwa- chen, eine zeitnahe ärztliche Untersuchung ist erforderlich.“
Wann muss ein Sportler ins Krankenhaus?
„Besteht der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung, sollte immer ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, in schwereren Fällen ist auch eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Im Zweifel lieber einmal zu viel in die Ambulanz fahren, als eine gravierende Verletzung zu übersehen und damit eventuell Langzeitschäden aus- zulösen. Auch an die Gefahr einer Blutung, die manchmal erst nach Wochen erkannt wird, ist zu denken. Mit einer Gehirnerschütterung sollte man sich in Ruhe auskurieren und der Arzt sollte mitentscheiden, wann man sich wieder zunehmend belasten darf.“
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