Page 35 - Spielfeld_Mai_2016
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                    Jeweils fünf bis sechs Spieler laufen gleich- zeitig los, alle drei Minuten muss das Tempo gesteigert werden. Das Besondere an der Prüfung: Es handelt sich praktisch um ein Aus- scheidungsrennen. Jeder Spieler läuft so lange, bis er die vorgegebene Geschwindigkeit schließlich nicht mehr halten kann. Dann ist sein „Testleiter“ sofort zur Stelle und entnimmt ihm, wie schon am Ende jeder 3-minütigen Belastungsstufe zuvor, eine kleine Blutprobe aus dem Ohrläppchen. Anhand der Blutanalyse gibt dieser „Ausbelastungstest“ entscheidende Hinweise auf die Fitness. Auch die Profis der TSG absolvieren solche Tests. Dr. Sascha Härtel, Leiter der Leistungsdiagnostik und Koordination Wissenschaft bei der TSG 1899 Hof- fenheim, ist der Herr des Verfahrens. „Das Ganze ist kein Selbstzweck, sondern dient konkreten Zielen. Es ist wichtig zu wissen, welche Stärken und welche Schwächen ein Spieler hat, um dann gezielt intervenieren zu können“, erklärt Härtel.
Dieser Ausdauer-Check ist nicht die einzige Prü- fung, die die TSG-Spieler absolvieren müssen. Auch Sprungkraft-, Schnelligkeits-, Haltungs- und Beweglichkeitstests gehören zur Kontrollserie. Alle gehen im Trainingszentrum in Zuzenhausen über die Bühne. Auf der Sprintstrecke werden die Bestzeiten der Spieler über fünf, zehn, 20 und 30 Meter gemessen. Vier- bis fünfmal im Jahr werden diese Parameter kontrolliert: zum Trainingsauf- takt, zum Saisonstart, in der Winterpause kurz vor Rückrundenstart und einige Wochen vor Sai- sonende. Diese letzte, nun in Sinsheim initiierte Standortbestimmung bildet die Grundlage für die Pläne, die die Spieler mit in die Sommerpause bekommen.
Was die Schnelligkeit im Wettkampf betrifft, kommen einige Hoffenhei- mer Profis sehr nahe an die in der Bundesliga festgestellten Spitzenwerte heran. Damit könnte sich so mancher in der Tempo-30-Zone ein Knöllchen einhandeln. Doch die Ergebnisse dieser Daten, die die Firma Opta durch Kamera-Aufzeichnungen erstellt, haben einen Haken: Sie sind zwar inte- ressant, verlässliche Hinweise, wie eventuell das Training noch verbessert werden kann, geben sie aber nur bedingt, vor allem weil die Aktionen der Spieler oftmals taktisch geprägt sind und somit wenig Rückschlüsse auf das maximale Leistungsvermögen der Spieler zulassen.
Ein Ruf als Vorreiter für Innovationen
Die Verantwortlichen der TSG 1899 Hoffenheim wollen aber mehr wissen, sie wollen auf aussagekräftigere Werte zurückgreifen. Nur auf deren Grundlage kann das Training überprüft und optimiert werden. Für die bestmögliche Datenerhebung ist Dr. Sascha Härtel zuständig. Seit drei Monaten ist der der 41-jährige bei der TSG, nachdem er zuvor 13 Jahre lang am Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) der Universität Karlsruhe (Karlsruher Institut für Technologie) umfangreiche Erfahrungen auf dem immer wichtiger werdenden Feld der gezielten Leistungssteuerung gesammelt hat. Er soll die TSG auf einem Zukunftsfeld noch weiter nach vorne bringen und den Ruf des Clubs, in der Bundesliga ein Vorreiter für Innovationen zu sein, festigen. Die Athletiktrainer im Nachwuchsleistungszentrum oder bei den Profis wie Christian Weigl sowie Rafael Hoffner, Koordinator Sport-IT-Innovationen, haben schon bisher ausgezeichnete Arbeit geleistet.
Wie mit den A-Junioren in Sinsheim finden die Lauftests bei der TSG – und so ist es bei fast allen Vereinen üblich – im Freien bzw. auf der Bahn statt. Aber wer ganz genau sein will, für den sind diese Kontrollen auf Trainings- plätzen oder in den Stadien auch nicht wirklich verlässlich. „Dort kann der Einfluss der Temperatur oder der Windverhältnisse zu einer Verfälschung der Daten führen“, sagt Härtel. Deswegen sollen alle TSG-Spieler künftig den Ausdauertest auf Lauf bändern im Trainingszentrum in Zuzenhausen absol- vieren. Das hat zudem den großen Vorteil, dass über die beim Laufen aufge- setzte Gesichtsmaske noch die Atemgase, die wichtige zusätzliche Informa- tionen zur Feststellung der „Kondition“ liefern, gemessen werden können.
Dr. Sascha Härtel erklärt den U19-Spielern Nils Anhölcher, Robert Janicki, Theodoros Po- litakis und Justin Karlein (von links), wie der Test abläuft.
Profis
  SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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