Page 46 - Spielfeld_April_2016
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                   UMWEG INS GLÜCK
In der 10. Klasse erhielt Matthias Kaltenbach die Empfehlung, Lehrer oder Trainer zu werden. Er entschied sich für das Lehramt – und landete auf der Trainerbank. Mittlerweile ist der 31-Jährige Chefcoach der U19 der TSG. Im Sommer wird er den Trainerstab der Profis erweitern.
Für einen leidenschaftlichen Taktiker wie Mat- thias Kaltenbach stellt der eigene Lebenslauf ein kleines Kuriosum dar. Als Trainer der U19
der TSG 1899 Hoffenheim freut ihn kaum etwas so wie die punktgenaue Umsetzung seiner Pläne: in Bezug auf den Gegner, die Standardsituationen, die Spielzüge – eben bei allem, was durch perfekte Vorbereitung zu beeinflussen ist.
Der eigene Karriereweg ist allerdings nicht das Ergebnis eines ausgetüftelten Plans – sondern eher die Summe aus Vertrauen in die eigene Stärke, dem Gespür für Chancen und etwas Glück. Denn obwohl der Trainerjob ihn früh reizte, entfernte er sich immer mal wieder von seinem eigentlichen Ziel. Das Besondere daran: Die Umwege zeigten ihm den Weg zu seinem Traumjob erst auf. Auf den Stationen als talentierter Spieler, Mitarbeiter einer Fußballschule, Student und Lehramts-Anwärter entdeckte er seine Berufung im Ausschlussverfah- ren. Ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes hatte diesen Weg bereits vorhergesehen, als Kaltenbach noch die 10. Klasse besuchte: „Die Auswertung meiner besten beruflichen Perspektive brachte zwei Er- gebnisse: Lehrer und Trainer. Ich verfolgte erst die Lehrer-Lauf bahn, doch das war nicht so meins.“
Wegbereiter Alfons Higl
Mit 19 machte er dann erste Erfahrungen als Trainer. In einer Freiburger Fußballschule. Zweimal die Wo- che. Die einzige Verbindung mit dem Profifußball war dort Leiter Alfons Higl, der in seiner Karriere unter anderem für den SC Freiburg in der Zweiten Liga und den 1. FC Köln in der Bundesliga spielte. Mit Alexander Fischinger und Thomas Schweizer hatte Higl 1999 die kommerzielle Alitom-Fußballschule gegründet – und so Kaltenbachs Trainerlauf bahn ermöglicht. Seine aktive Lauf bahn hatte Matthias Kaltenbach parallel zur Arbeit an der Fußballschu- le fortgeführt. In der U18 hatte er noch für den SC Freiburg gespielt, es folgten zwei Jahre in der Oberliga und vier Jahre als spielender Co-Trainer in der Verbandsliga. Aufgrund der Defizite zu den Top-Spielern der Region – „taktisch und
technisch war ich stark, athletisch hat es gehapert“ – fiel der Wechsel auf den Trainerstuhl nicht schwer. Kaltenbach war selbstreflektiert genug, um seine Stärken und Schwächen einschätzen zu können. Und so erkannte er sein Talent an der Linie, das im Gegensatz zum Talent auf dem Feld einmal in den Profifußball führen könnte.
Der gebürtige Freiburger erhöhte seine wöchentlichen Einheiten als Trainer in der Fußballschule von zwei auf fünf und wurde ein wichtiger Bestandteil des Projekts – das er mit 26 wieder verließ. Ursprünglich, um statt Lehramt in Freiburg nun Sportwissenschaften in Karlsruhe zu studieren. „Die Arbeit als Trainer lag mir mehr als die Klassenlehrer-Rolle, das merkte ich auch bei den sportpädagogischen Projekten, die ich an Schulen leitete. Und ich wusste ja, dass man es ohne Profikarriere als junger Trainer schwer hat. Da wollte ich wenigstens das passende Studium abschließen.“ Doch schon lange bevor er sein Diplom als Sportwissenschaftler mit den Schwerpunkten Gesundheits- förderung und Pädagogik in den Händen hielt, zahlte sich der Schritt aus. Denn bereits das Gespräch über seinen Abschied sollte alles verändern. „Da ich in der Fußballschule federführend tätig war, habe ich Alfons frühzeitig informiert“, erinnert sich Kaltenbach an die Vorgänge im Jahr 2011. Und auch an die Folgen: „Im März teilte er mir dann mit, dass er
  Matthias Kaltenbach will die U19 nun auch als Cheftrainer ins Finale führen.
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