Page 36 - Spielfeld_April_2016
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                  SPRECHSTUNDE BEI DR. FRÖLICH
STRESSFRAKTUREN
  Andere Begriffe für Stressfraktur sind Ermüdungsbruch oder – früher verwendet – Marschfraktur. Die Worte weisen schon darauf hin, dass es sich nicht um Brüche von Knochen handelt, die durch einen Schlag, einen Sturz oder einen anderen Unfall entstehen. Die Stressfraktur ist eine besondere Bruchform, die durch eine mangelnde Anpassung des Knochengewebes an die durchgeführte Belastung entstehen. Besonders betroffen von einem Ermüdungsbruch – speziell bei Läufern – ist der Mittelfuß. Aber auch Brüche am Wadenbein und am Schienbein können im Hochleistungssport durch Ermüdung der Knochen entstehen. Letztlich sind es zu starke Belastungen, die die Knochen überfordern und sie zerbrechen lassen. Erstmals wurde diese Art von Verletzung in der medizinischen Literatur 1855 erwähnt, weil ein preußischer Heerarzt sie bei Soldaten nach längen Märschen festgestellt hatte.
Heute wie damals machen sich Stressfrakturen meist langsam bemerkbar. Zuerst treten Schmerzen und Schwellungen im betroffenen Bereich auf, oftmals hervorgerufen durch eine Reizung der umliegenden Strukturen. Die Schmerzen können sich schleichend entwickeln, aber auch plötzlich einsetzen. Dadurch ist auch meist die Belastungsfähigkeit verringert. Nicht selten besteht dann sogar eine vollständige Belastungsunfähigkeit, die eine weitere Sportausübung unmöglich macht. Aber auch nahezu be- schwerdefreie Abläufe sind möglich, nicht selten treten die Beschwerden auch erst nach der Belastung auf. Ermüdungsbrüche treten am häufigsten am Bein bzw. Fuß auf. Dort sind wiederum besonders belastete Gelenk- abschnitte betroffen.
Die typischen Auslöser für diese Stressreaktionen sind monotone, eintö- nige Überbelastungen. Zu Problemen kommt es aber meist erst, wenn der Trainingsumfang und die Trainingsintensität deutlich gesteigert werden. Eine Dysbalance zwischen Belastung und der Regeneration des Knochens tritt auf. Die Stressreaktion wird nach und nach zu einer Stressfraktur.
Dr. Thomas Frölich, Facharzt für Chirurgie und Allgemeinmedizin, praktiziert als Ex- perte für Sportverletzungen am ETHIANUM Heidelberg. Der 56-Jährige ist zudem Mannschaftsarzt der TSG.
Wie stellen Ärzte eine Stressfraktur fest?
„Die Angaben des Patienten sind nicht im- mer klar. Oft ahnen sie gar nicht, dass diese Verletzung vorliegt. Eine Befragung, wie der Sport betrieben wird oder was in der letzten Zeit vielleicht durch Einlagen oder neues Schuhwerk verändert wurde, ist wichtig. Eine gründliche Untersuchung leitet die Diagnose ein und prüft, woher die Schmerzen kommen. Ein Röntgenbild oder CT kann beweisend sein, eine MRT (Kernspin) kann bereits Hinweise auf frühere Stadien geben.“
Welche Therapie ist angezeigt?
„Schon wenn ein Verdacht auf eine Stress- fraktur besteht, sollte die Belastung beim Sport reduziert werden. In leichteren Fällen sind physikalische und physiotherapeutische Maßnahmen zusätzlich zur Belastungsreduzie- rung ausreichend, unterstützend wirken auch Calcium und Vitamin D. Bei der Stressfraktur ist eine konsequente Ruhigstellung, z. B. im Gips, oder auch operative Versorgung erforderlich.“
Wie lange dauert es, bis wieder Sport getrieben werden kann?
„Die Behandlung kann recht langwierig sein und dauert oft viele Monate, in Extremfällen sogar Jahre. Mitunter werden dann mehrere Operationen benötigt. Wird die Diagnose früh gestellt, sind die Behandlungszeiten deutlich kürzer.“
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Foto: Shutterstock.com





















































































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