Page 13 - Spielfeld_April_2016
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                  Gibt es bestimmte Techniken, mit denen Du Deinen Kopf trainierst?
„Wir machen mit unserem Sportpsychologen Jan Mayer Konzentrationsübungen mit einigen Apps und Spielformen. Aber ich habe keinen Mentaltrainer. Meinen Kopf, so wie er jetzt ist, habe ich mir selbst gestrickt. Aber natürlich hatten meine Trainer und Torwarttrainer ihren Anteil daran: So wie aktuell Michael Rechner. Wir arbeiten sehr eng zusammen und tauschen uns viel aus – über das Torwartspiel, aber auch über private Dinge. Wir überlegen, welche mentale Komponenten am besten zu mir passen und mir am meisten helfen. Es ist für mich ganz wichtig, so einen vertrauensvollen Ansprechpartner zu haben.“
„Als Torwart bist Du
beim Schuss des Stürmers allein, quasi Einzelsportler.“
OLIVER BAUMANN
Fällt es manchmal schwer, einsam auf der anderen Seite des Platzes zu stehen und nicht eingreifen zu können? „In diesen Situationen begreift man, wie wenig man dem Offensivspiel helfen kann. Klar kann man mal das Spiel schnell machen oder den Ball optimal ins Spiel bringen. Aber dann schaut man zu. Und das ist schon schwer. Da will man in manchen Momenten am liebsten nach vorn rennen und irgendwie mitmachen und helfen. Aber dann wäre das Tor leer, es geht also nicht. Manchmal sprinte ich auch einem Abwurf ein wenig hinterher, wenn viel Platz ist, um Energie loszuwerden. Aber auch dann muss ich mich wieder kontrollieren und zurück ins Tor, obwohl ich am liebsten mit angreifen würde.“
Wärst Du manchmal lieber Feldspieler?
„Es gibt Momente, in denen ich gern mit den Feldspielern kurz tauschen würde, um mich mit einzuschalten. ‚Komm, geh mal einer kurz ins Tor, ich gehe mit nach vorn.‘ Um
Rettungstat in letzter Minute: Oliver Baumann pariert den Schuss von André Schürrle und sichert der TSG drei Punkte im Abstiegskampf.
einfach auch die Energie, die man während des Spiels hat, rauszuhauen und einzubringen. Ich laufe sechs Kilometer im Spiel, das ist nicht viel. Alles was mich anstrengt in den 90 Minuten, ist mein Kopf, also die Konzentration. Aber körperlich kaum etwas. Stress und Druck sind größer als bei den anderen, und man kann es kaum rauslassen. Außer mal durch Schreie oder ähnliches. Die Jungs können auch mal einen aus Frust über die Bande jagen. Außerdem hat man als Feldspieler meistens noch jemanden in der Nähe. Als Torwart bist Du beim Schuss des Stürmers allein, quasi Einzelsportler.“
Für viele Experten ist der Torwart der wichtigste Spieler einer Mannschaft ...
„Danke, das sehe ich auch so (lacht).“
Es gibt immerhin gleich zehn Feldspieler, die man zudem leicht austauschen kann. Wie beurteilst Du die Rolle als Torwart im Mannschaftsgefüge?
„Man hat eine extreme Sonderrolle. Alle Leute kommen ins Stadion und wollen Tore sehen. Und als Torwart bist Du der Depp, der sie verhindern soll. Als Torwart ist man der Spaß- verderber und schwimmt gegen den Strom: Man darf den Ball als einziger in die Hand nehmen und soll das verhindern, was alle sehen wollen.“
Andererseits kann man als Keeper auch viel schneller zum Helden des Tages werden.
„Aber ich glaube, medial und bei den Fans wird viel mehr gewertet, wer das Siegtor geschossen hat – und nicht ob ein Torwart das durch drei Glanzparaden erst ermöglicht hat. Es steht später nirgendwo groß, ob man zwischendurch mal einen Ball gehalten hat. Die Torschützen sind für die Leute viel interessanter.“
Hast Du eine versteckte Sehnsucht, auch irgendwann mal ein Spiel durch ein Tor zu entscheiden?
„Das wäre natürlich geil, keine Frage. Da würden die Emoti- onen auch mal komplett mit mir durchgehen (lacht).“
SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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