Page 55 - Spielfeld_Maerz_2016
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 In der gleichen Woche hatte Bill McDermott sein Haus in Heidelberg bezogen. Obwohl er schon lange in Deutschland gearbeitet hatte, habe er in diesen Tagen gespürt, welch ausgezeichneten Zukunftsperspektiven die SAP besitze.
Seine Grundschullehrerin hatte ihm prophezeit, er werde einmal Lastwagenfahrer. Aber mit 17 führte Bill McDermott einen eigenen kleinen Delikatessenladen, studierte Betriebswirtschafts- lehre und arbeitete sich in der Folgezeit beim Kopiererhersteller Xerox vom Verkäufer zum mit 36 Jahren jüngsten Vorstandsmitglied der Firmengeschichte hoch. Mit seinem unbändigen Aufstiegswillen passte er ab 2002 als US-Chef ideal zur SAP, das damals schon das erfolgreichs- te Software-Unternehmen Europas war. Neben dem Ehrgeiz und der Zielstrebigkeit zeichnet Bill McDermott ein großes Mitgefühl aus, das er auch am Arbeitsplatz zeigt. Mit diesen Eigen- schaften besitzt er bemerkenswerte Parallelen zu SAP-Gründer Dietmar Hopp.
Fruchtbare Meetings mit SAP-Programmierern beendet Bill McDermott schon einmal mit den Worten „I love you, guys.“ Das ist sicherlich ungewöhnlich für ein deutsches Unternehmen, aber SAP gilt im Silicon Valley schon lange nicht mehr als eine Firma aus Europa, da sie auf glei- cher Ebene wie Microsoft, Apple und Google spielt. SAP sei global, auch wegen dieses New Yorkers namens Bill an der Spitze, sagen sie in Kalifornien. Und Bill McDermott selbst belegte einst bei einer Wahl der beliebtesten 50 Firmen- lenker Platz zwei.
Dass er SAP noch immer großartige Impulse für Innovationen gibt, damit gut 300.000 Kunden in 190 Ländern mit Programmen des Unternehmens arbeiten, ist eigentlich ein Wunder. Das ist aller- dings nicht im Buch beschrieben. Aber bei der Lektüre wird deutlich, warum Bill McDermott trotz eines schrecklichen Unfalls weiterhin aus Walldorf heraus den 77.000 Mitarbeitern den Takt vorgibt. Im Juli 2015 verlor er bei der Fei- er des 76. Geburtstages seines Vaters das linke Auge. „Nachts ging ich nach unten, mit einem Wasserglas in der Hand, rutschte auf dem Tep-
pich der Treppe aus und fiel. Ich landete mit dem Gesicht in den Scherben. Ein Splitter drang in mein linkes Auge, ich verlor vorübergehend das Bewusstsein. Die Ärzte schafften es zwar in einer langen Operation zunächst, mein Auge zu retten. Später kam es zu einer Infektion und letztlich mussten meine Ärzte das Auge entfer- nen“, berichtete Bill McDermott jüngst offen in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Seit einigen Monaten hat er die Arbeit wieder aufgenommen. „Ich glaube, so bitter diese Geschichte für mich ist, ich werde mit dieser Erfahrung auch die SAP besser machen.“ Dass Bill McDermott tatsächlich ein Vorbild für eine Krisenbewältigung sein kann, aber noch vieles mehr, wird in seiner ausgezeichneten Biografie überaus deutlich.
 SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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