Page 12 - Spielfeld_Maerz_2016
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                  Das Ende seiner Spielerkarriere
„Ich hatte einen Knorpelschaden dritten Grades. Damit kann man schon spielen, wenn auch nicht schmerzfrei. Aber für mich hätte es sich nicht gelohnt. Sonst hätte
ich mit 40 ein künstliches Knie benötigt. Es hat sich früh abgezeichnet, dass ich für den Hochleistungssport nicht gemacht bin. Vom Talent her hätte es wohl gereicht, aber das ist ja nur eine Seite. Die körperliche Seite ist eine entscheidende, denn mit einem Trabbi kann ich auch kein Formel-1-Rennen fahren.“
Stärken im Bereich Taktik
„Sicherlich spielte es eine Rolle, dass ich selbst in der A-Junio- ren-Bundesliga gespielt habe und viele gute Trainer hatte. Aber ich habe nie großartig Taktik-Bücher verschlungen. Vielleicht
ist es einfach nur ein Talent, das man hat oder nicht. Ich habe mir viel von meinen früheren Trainern abgeschaut und versuche nun selbst als Trainer, mutig zu sein und auf die sich ständig ändernden Umstände im Spiel schnell zu reagieren. Den größten Aha-Effekt bei den Spielern erziele ich am Wochenende – wenn ich aufgrund taktischer Anweisungen ein Spiel gewinne.“
Die Erkenntnis aus der Zeit als Co-Trainer 2013
„Der richtige Umgang mit Negativerlebnissen. Weder als Spieler noch als Trainer stand ich schlechter da als Platz drei. Im Profibereich habe ich gelernt, mit Rückschlägen umzu- gehen und in Krisenzeiten trotzdem nach vorne blicken zu können. Diese Werte hat Markus Gisdol damals toll vorgelebt. Er hat die Leute nur auf den Fußball eingestellt und ausge- blendet, was sonst noch alles passieren könnte.“
Das Landleben
„Ich bin ländlich aufgewachsen im damaligen 750-Einwohner-Dorf Issing. Nah bei den Alpen, viele Seen, eine schöne Gegend. Ich bin kein Stadt- mensch, ich brauche Wald oder Seen vor der Tür. Ich gehe nicht oft in Dis- kos und brauche den Trubel nicht.“
Das Verhältnis zu Thomas Tuchel
„Er war nicht mein Ziehvater, dafür war unser Verhältnis zu pragmatisch. Ich bin ihm aber natürlich sehr dankbar dafür, dass er mich sozu- sagen auf die Idee brachte, Trainer zu werden.“
Freizeit und Familie
„Ich muss nicht in meiner Freizeit auf jeden Fußballplatz rennen. Ich lebe als Trainer viel von meiner Emotionalität und kann diese nur abrufen, wenn ich richtig Bock auf ein Spiel habe. Ich muss daher nicht jedes Spiel verschlingen, das gerade im Fernsehen übertragen wird oder ich mir im Umkreis von 500 Kilometern selbst anschauen könnte. Ich ziehe meine Energie an einem trai- ningsfreien Tag aus der Zeit, die ich mit meiner Familie, meinen Freunden oder meinen Hobbies verbringe. Gern bin ich bei mei- nem Heimatverein und schaue dort zu und treffe alte Kumpel.“
Ehrgeiz
„Ich bin Perfektionist und spiele gerne oben mit, weil ich den Erfolg liebe. Ich hasse nichts so sehr wie Mittelmaß.
Ich will immer gewinnen. Sei es im Tischtennis oder im Schnick-Schnack- Schnuck. Ich habe oft Streit mit meiner Familie, wenn wir Mensch-Ärgere-Dich- Nicht spielen (lacht). Meine Freundin sagt immer, man muss auch verlieren können, das könne man lernen. Ich habe gelernt, damit umzugehen, aber ich rege mich da trotzdem immer auf.“
Autorität
„Ich versuche einen engen Draht zu den Spielern zu halten. Es hilft nichts, seinen Charakter zu ändern, nur um autoritärer zu wirken. Es ist wichtig, dass man die- selbe Sprache spricht, dass Vertrauen aufgebaut wird. Man hat als Trainer eine gewisse Abhängigkeit von den Spielern, denn die spielen zunächst für ihre eigene Kar- riere. Gleichzeitig müssen die Spieler lernen, mit Kritik umzugehen. Und dafür braucht man eine gewisse Dis- tanz. Laute Zampano-Auftritte, bei denen ich 20 Spieler zusammenfalte, nur um mir Respekt zu verschaffen und mein junges Alter zu kaschieren, wären aber lächerlich.“
Pep Guardiola
„Seine Art Fußball zu spielen, finde
ich sehr interessant. Einerseits diese offensive Dominanz und andererseits die geschlossene Verteidigung. Das ist eben viel mehr als nur Tiki-Taka-Spiel. Und: Selbst wenn er einen Anzug trägt, lebt er den Trainerjob. Guardiola will jede Sekunde seine Mannschaft besser machen, er brüllt selbst bei ei- nem 6:0 noch rum. Das wirkt auf viele vielleicht wie eine Profilneurose, aber ich glaube, dass er einfach immer bes- ser werden will, obwohl seine Mann- schaft bereits die Beste ist. Guardiola wirkt nie satt.“
IM O-TON:
JULIAN NAGELSMANN ÜBER ...
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