Page 12 - Spielfeld_Februar_2016
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„WIR HABEN ALLES IN DER EIGENEN HAND“
Alexander Rosen, 36, ist seit April 2013 der Direktor Profifußball der TSG Hoffenheim.
Im Interview spricht der gebürtige Augsburger, der selbst Profispieler war, über seinen Lebensweg und die individuelle Verantwortung der TSG-Spieler, dem Verein den Klassenerhalt zu sichern.
Herr Rosen, hätten Sie als Manager den Spieler Alexander Rosen verpflichtet?
„Bis zum Niveau der 2. Bundesliga wahrscheinlich schon, als Erstligist wohl eher nicht. Meine Laufbahn startete zwar als U21-Nationalspieler mit einigen Bundesliga-Einsätzen recht vielversprechend, aber die Zeit war eine andere und bei mir hat es einfach nicht für das Top-Niveau gereicht. Als junger Kerl will man so etwas nicht ganz wahrhaben. Da ist dann der Trainer schuld oder eine bestimmte Verletzung oder irgendein anderer Umstand – Ausreden gibt es viele, aber letztlich setzt sich am Ende dann doch die Qualität durch, wenn eine gewisse mentale Stärke bei einem Spieler ebenfalls vorhanden ist.“
Mentale Stärke ist momentan auch bei der TSG gefragt. Wie muss die Mannschaft mit der Situation im Abstiegs- kampf umgehen?
„Alle müssen sich auf die Situation einlassen und jeder muss kapieren, dass er für die Situation mitverantwortlich ist. Wir sind das, wofür wir selbst bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Diese Erkenntnis gibt eine unglaubliche Kraft, denn sie führt zu einer selbstbestimmten Entscheidungsfreiheit und bedeutet zugleich das Ende der Opferrolle, das Ende des Lamentierens und das Ende der Schuldzuweisungen. Wir haben alle Chancen unsere Ziele zu erreichen, wenn wir aktiv, selbstverantwortlich und motiviert gemeinsam unseren Weg gehen. Wir dürfen die
Macht über das Ergebnis oder über unsere Leistung nicht an Andere oder an bestimmte Umstände abtreten, denn dadurch gelangen wir in eine passive Rolle und das bringt uns keinen Schritt nach vorne.“
War das ein Faktor für den Verlauf der Hinrunde? Dass nach den knappen Niederlagen gegen Bayer und Bayern und nach den späten Gegentoren lange das Gefühl bestand, gar nicht so schlecht zu sein?
„Es hat sicherlich zu diesem trügerischen Gefühl beigetragen, dass es eigentlich doch gar nicht so schlecht läuft. Wir wurden nie schwindlig gespielt und haben oft nur knapp verloren. Auch wenn wir selten unser Niveau erreicht haben, hätten wir mit ein bisschen Fortune ohne weiteres sechs Punkte mehr haben können, ohne wirklich besser zu spielen. Aber das haben wir eben nicht. Es ist wie es ist und nicht mehr zu ändern. Und das ist dann auch kein Zufall, das muss man auch annehmen. Ich glaube, wir haben viele Spieler, die schon konstant auf einem höheren individuellen Leistungsniveau gespielt haben als in der Vorrunde der laufenden Spielzeit. Auch schon hier bei uns im Trikot der TSG. Aber das Gefühl, ja eigentlich besser zu sein, ist brandgefährlich. Die Ver- gangenheit zählt in unserer Situation nichts und auch der Konjunktiv ist ein schlechter Ratgeber. Ich sage es nochmal: es geht nur mit Selbstverantwortung, hoher Eigenmotivation, Vertrauen und harter Arbeit – und jeder hat an jedem Tag die Möglichkeit diesen Weg für sich zu wählen.“
„Das Gefühl, ja eigentlich besser zu sein, ist brandgefährlich.“
Sprechen Sie mit den Spielern über ihre Verantwor- tung für den Club?
„Natürlich. Jeder muss sich dieser Situation stellen. Niemand anderes als wir selbst ist für diese Hinrunde verantwortlich. Jeder muss das kapieren und es selbstkritisch formulieren, auch wenn es durchaus wehtun kann zu sagen: ‚Ich bin da- für verantwortlich, dass wir hinten stehen.‘ Wenn sich jeder dessen aber wirklich bewusst ist, kommen wir wie eingangs schon erwähnt aus der Passivität wieder in die Position des
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Aufmerksame Beobachter der Trainingseinheiten in Südafrika: Alexander Rosen (v. l.), Thomas Richter und Lutz Pfannenstiel.




















































































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