Page 13 - Spielfeld_Dezember_2015
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                  Profis
  Der Nationalspieler Huub Stevens in Aktion: Der Niederländer zieht im Hauptrunden-Spiel der EM 1980 in Neapel gegen Deutschland wuchtig ab. Uli Stielike kommt zu spät. Am Ende aber gewann die DFB-Elf die Partie mit 3:2, wurde eine Woche später Europameister.
Setzt die TSG Hoffenheim in dieser Hinsicht auch Maßstäbe für Sie?
„Definitiv. Es ist super, diese ganzen Daten zu bekommen. Glauben sie mir: Fußball wird auch in zehn Jahren noch gespielt, aber es wird immer wieder Neuerungen geben. Doch Fußballer wird man nie als Computer oder Roboter darstellen oder behandeln können. Sie haben Gefühle und Emotionen, damit muss man umgehen. Aber man kann diese Daten nut- zen, um bestimmte Sachen, die man gesehen hat, zu bestätigen oder noch weiterentwickeln. Es bleibt ja trotz allem so: Die Augen und Ohren sind unheimlich wichtig für einen Trainer.“
Das hat wohl auch etwas mit Erfahrung und Prägung zu tun. Ihr Vater ist gestorben, als Sie 17 waren, zwei ältere Brüder waren aus dem Haus und Sie waren der älteste Mann im Hause.
„Das prägt einen Menschen. Und glauben Sie mir, das war nicht einfach. Ich musste mich durchsetzen, den jüngeren Geschwistern helfen und für sie sorgen. Es ging nicht anders. Dadurch habe ich schnell Verantwortung übernommen, ich konnte ja gar nicht anders. Das ging auf eine natürliche Art und Weise. Natürlich war es hart, dass mein Vater so früh gestorben ist. Aber dadurch musste ich kämpfen. Und unabhängig vom Verlust mei- nes Vaters sind wir damals auch einfach ganz anders aufgewachsen als die Spieler heutzutage. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der es keinen Reichtum gab. Wir mussten schuften, um einigermaßen zu leben. Ich kann nur sagen: meine Eltern haben mir und meinen Geschwistern alles gegeben. Dafür bin ich unheimlich dankbar.“
Eine Ausgangslage, die der heutigen Generation fehlt.
„Viele wachsen in einem Reichtum auf, durch den sie bestimmte Dinge vergessen. Aber darum bevorzuge ich meinen Lebenswandel, denn ich bin auf natürliche Art und Weise in meine Rolle hineingewachsen. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Vertrag bei Fortuna Sittard erinnern. Da waren meine Eltern stolz drauf. Und das war ein Vertrag über 1.500 Gul- den (rund 700 Euro, d.Red.).“
KEINE RÜCKKEHR IN DIE NIEDERLANDE
Seit 2009 hat Huub Stevens nicht mehr in seiner Heimat gearbeitet. Stattdessen heuerte er bisher bei sechs Bundesli- ga-Clubs an. Warum? „Ich denke, dass ich besser nach Deutschland passe als in die Niederlande“, sagte Stevens der SPIELFELD-Redaktion. „Gucken Sie sich die Nationalmannschaft an: In den Nie- derlanden muss die Nationalelf nicht nur erfolgreich spielen, sondern auch schön. Und da sage ich: Das Wichtigste ist doch der Erfolg. Darum werde ich auch nie mehr in den Niederlanden arbeiten.“
Die verpasste EM-Qualifikation der Nie- derländer hätte ihn nicht überrascht: „Es ist kein Zufall. Das hat sich über Jahre angedeutet. Es geht um die Einstellung.“ Einzig der Resultat-Fußball van Gaals habe das bei der WM 2014 überdeckt. „Als ich damals in den Niederlanden Jugendkoordinator wurde, haben mir alle gesagt: Verteidiger müssen flanken und nach vorn spielen. Da habe ich ge- sagt: Jungens, was sagt eigentlich das Wort Verteidiger? Ist das angreifen oder verteidigen? Natürlich darf er nach vorn, aber an erster Stelle muss er verteidigen können.“ Eine Tendenz, die Stevens im Übrigen auch bei der DFB-Elf bemerkt: „Man darf die Balance nicht verlieren. Da muss Deutschland auch aufpassen.“
SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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