Page 14 - Spielfeld_November_2015
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da ich durch den Fußball 80 Fehlstunden in einem Jahr hatte. Darum dachte ich dann erst einmal: Ich habe einen Abschluss gemacht, das war mir wichtig. Aber wenn ich jetzt noch drei Jahre lang neben der Profi-Karriere mein Fach-Abitur mache, dann schaffe ich beides nicht. Jetzt bin ich Stammspieler und ganz zufrieden mit der Entscheidung. Mal schauen, was in der Zukunft passiert.“
Nach Deinem Kreuzbandriss im Dezember 2014 hast Du fast acht Monate pausiert. Hast Du Dir Gedanken gemacht, was die Verletzung im schlimmsten Fall für Deine Zukunft bedeuten könnte?
„Ich habe nie darüber nachgedacht, dass mich die Verletzung stoppen könnte. Es gab nur einen Gedanken: Ich will noch stärker zurückkommen. Ich hatte auch keine Bedenken, weil mein Vater und mein Bruder schon jeweils einen Kreuzbandriss hatten und beide wieder auf den Fußballplatz zurückgekehrt sind. Mein Bruder spielt in seinem College-Team in New York sogar jedes Spiel auf Kunstrasen und hat keine Probleme. Die Zusprüche von meiner Familie haben mir sehr geholfen.
Welche Rolle spielte der Club?
„,Die Unterstützung von Mannschaft und Verein war wahn- sinnig wichtig. Es war sehr emotional, als die Kollegen am Tag nach der Verletzung zu mir kamen, als ich auf Krücken zum Trainingsplatz humpelte. Die Hilfe der TSG war auch ein Grund, meinen Vertrag bis 2019 zu verlängern. Ich habe gesehen, dass es dem Verein wirklich wichtig ist, dass ich bleibe. Ich wurde sogar in Dietmar Hopps Hotel in Frank- reich eingeladen und konnte dort zehn Tage lang meine Reha fortsetzen.“
Im ersten Moment war die Verletzung sicher ein Schock. Aber hatte die Auszeit vielleicht auch positive Seiten?
„Natürlich wäre ich lieber gesund
geblieben (lacht). Aber für meinen Geist und meine Erfahrung war das nicht negativ. Ich habe viel
über meinen Körper
gelernt, bin professi-
oneller geworden und
weiß, dass ich mich pf le-
gen muss, wenn ich mal kleinere Blessuren habe. Darum habe ich der Verletzung sogar etwas zu verdanken.“
Für Deutschland am Ball: Niklas Süle.
„Das Wichtigste ist, Stärke zu zeigen. Wenn Du nicht an Dich selbst glaubst, glaubt niemand an dich.“ NIKLAS SÜLE
Nun stehst Du wieder regelmäßig auf dem Rasen. Wel- ches Level hast Du schon wieder erreicht?
„Körperlich bin ich wieder bei 100 Prozent. Am Anfang hat noch ein bisschen die Wettkampfpraxis gefehlt. Aber nach Test wie gegen Leeds United habe ich mir gedacht: Die haben 90 Minuten nur getreten, aber mein Knie hat gehalten. Das Vertrauen wurde dann immer größer und auch vom Kopf her ist nun alles wieder normal. Jetzt bin ich wieder voll da.“
In der letzten SPIELFELD-Ausgabe haben Dich die Jung-Profis Patrick Ochs, Nicolai Rapp und Benedikt Gimber als Vorbild bezeichnet und betont, wie sehr Du ihnen hilfst. Freut Dich dieser Stellenwert? „Natürlich, denn diese Rolle ist mir auch sehr wichtig. Ich hatte damals auch Spieler, die mich an die Hand genommen haben und mir gezeigt haben, wie es bei den Profis so läuft und wie man es schaffen kann. Andreas Beck hat zum Beispiel gesagt: Stell vielleicht mal Deine Ernährung um und mach ein bisschen Krafttraining...“
...das hast Du Dir ja offensichtlich zu Herzen genommen..
(lacht) „... ja, allerdings. Und jetzt möchte ich jemand sein, der die jungen Spieler heranführt. Weil ich ja
selbst noch jung bin, weiß ich genau, wie es für mich war. Für junge Spieler ist es nicht immer einfach. Man ist unter Druck, es geht ja auch um viel Geld. Dann bekommt man mal eine Ansage vom Trainer. Da braucht man Spieler, die einem helfen. Denn das Wichtigste in so einem Bundesligaklub ist, Stärke zu zeigen. Wenn Du nicht an Dich selbst glaubst, glaubt niemand an Dich. Wir sind zwar ein Team und verstehen uns wirklich super, letztendlich musst Du aber an Dich glauben und auf Dich gucken. Denn der Profi-Fußball ist schon ein Haifischbecken und
nicht immer einfach zu verarbeiten.“
Ist das ein großer Unterschied zur U19?
„Das kann man gar nicht vergleichen. Hier bei den Profis zählt nur Fußball. Man geht auf den Platz, macht seinen Job, will am Wochenende spielen und muss deshalb immer 100 Prozent abliefern. In der Jugend habe ich auch mal mit weniger Ehrgeiz trainiert, wenn ich vorher eine Fünf in der Schule bekommen habe und schlecht drauf war. Dann gab es Ärger vom Trainer, man war sauer und am nächsten Tag war es wieder gut. Aber das hier ist mein Job, da gibt es keine Ausrede. Wenn Du nicht funktio- nierst, setzt der Trainer Dich auf die Bank. Das ist ein Kon-
kurrenzgeschäft, auch wenn es nur als Team funktioniert.
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