Page 77 - Spielfeld_Oktober_2015
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 Das Konzert sei eine zweieinhalbstündige Reise „Down funky Street“ des Amerika der 50er bis 70er Jahre, eine Hommage an die ganz Großen des Grooves: Ray Charles, Stevie Wonder oder Aretha Franklin. Zeitlose Helden. „Zu unseren Shows kommen mittlerweile drei Genera­ tionen. In der Musik steckt eine gewisse Auf bruchstim­ mung. Das spüren auch die jüngeren Leute“, freut sich Gassmann. Die Soulmusik lieferte den Soundtrack des politischen Um­ und Aufbruchs der Afro­Amerikaner. Das letzte große Kapitel war die Wahl Barack Obamas zum Präsidenten der USA. Und die Revue selbst hat Musik auf Obamas Homepage gebracht. „Er hat unsere Version von ,A Change is gonna come’ für eine Weile auf seine Internetseite gestellt. Das macht einen natürlich stolz“, erzählt der Wahl­Heidelberger.
Die Band hat über 200 Titel im Programm, derzeit besteht die Show aus etwa 35 Stücken. „Davon packen wir mehrere in Medleys zusammen, damit wir möglichst viele Hits unterbekommen.“ Die Musiker, die einst mit B.B. King, Little Richard, Michael Jackson oder Eric Clapton auf der Bühne standen, tauschen jedes Jahr etwa ein Drittel der Songs aus und üben neue ein. Gassmann selbst probt nicht: „Ich spiele alles nach Gehör. Schon immer.“
Die probenlose Zeit nutzt er für andere Dinge: „Das ist ein Fulltime­Job. Einerseits bist du der Künstler, andererseits der harte Geschäftsmann. Ich habe immer zwei Hüte auf. Wenn die Musiker auf der Bühne stehen, sind sie nur Musiker. Ich bin da oben mit meinen Gedanken immer schon einen Schritt weiter.“ Er hat auf seinem Weg schon viele Schritte zurückgelegt. Der TV­Sender „arte“ strahlte zuletzt eine mehrteilige Dokumentation zum Thema Soul aus. Darin spielte auch Gassmanns Revue eine Rolle – der Soul­Geschichten­Erzähler aus Heidelberg hat es geschafft, selbst Teil dieser Geschichte zu werden.
 SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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TERMINE
Am 24. Oktober tritt Klaus Gassmann mit seiner Sweet Soul Music Revue um 20 Uhr im Mannheimer Capitol auf.
Am 2. Januar gastiert seine Show „The Sound Of Classic Motown“ um 20 Uhr im Mannhein- mer Rosengarten.
 B Beatles oder Stones? In den 60er Jahren die Frage der Fragen. Für Klaus Gassmann gab es damals nur eine Antwort: James Brown! „1968 habe ich
den ,Godfather of Soul’ live gesehen. Das hat mich um­ gehauen.“ Umrahmt von einem guten Dutzend Gitarren und einer Original­Jukebox sitzt er in Süddeutschlands heimlichem Soul­Hauptquartier: dem Büro der Sweet Soul Music GmbH in Heidelberg. Schwarzes Jackett, dunkelblaue Jeans, extravagante Lederstiefel und eine unauf haltsame Leidenschaft für Musik. So stellt man sich keinen ehema­ ligen Top­Manager eines Dax­Konzerns vor. Doch genau das ist Gassmann. Über mehrere Jahrzehnte arbeitete er in führender Position beim Walldorfer Softwareriesen SAP. Vor einigen Jahren verabschiedete sich der Betriebswirt frühzeitig in den Ruhestand und führt seither ein ganz anderes „Unternehmen“: die Sweet Soul Music Revue.
Damit erfüllte sich der inzwischen 64­Jährige seinen Traum. Mit dem 30 Mann starken Bühnenprojekt ist er in ganz Europa unterwegs. Die Mission: Möglichst viele Menschen mit dem Soul­Virus infizieren. Gassmann hat mittlerweile neben seiner Revue fünf weitere Shows produziert, die teilweise parallel touren: „Ich tanze auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig.“ Angefangen hat alles eine Nummer kleiner. Nachdem James Brown und Wilson Pickett ihn infiziert hatten, tauschte der gebürtige Wein­ heimer seine Gitarre gegen ein Saxophon und gründete Anfang der 70er Jahre eine Band.
Erste Auftritte vor den US-Soldaten
In der Rhein­Neckar­Region waren damals zahlreiche US­Truppen stationiert. „Mit einem alten VW­Bus tourten wir weißen Jungs durch sämtliche amerikanische Clubs der Gegend, in denen hauptsächlich schwarze GI saßen und spielten Songs der Labels Stax, Atlantic Records und Motown“, erinnert sich Gassmann. Rauschende Konzertnächte waren das allerdings eher selten. „Wenn es den GIs gefiel, zeigten sie kaum eine Reaktion. Wenn nicht, gingen sie“, erzählt er und lacht laut. Die Soldaten blieben. Das Virus auch.
Es hat ihn niemals losgelassen. Auch nicht während seiner erfolgreichen Zeit bei SAP. Gassmann spielte bei Firmen­ feiern, sammelte Gitarren, Vinyl – und Erfahrungen. In all den Jahren lernte er, Führungsverantwortung zu übernehmen. Im Entwicklungsbereich führte er teilwei­ se 250 Angestellte. „Entwickler sind Künstler. Darunter waren damals auch einige Diven. Da habe ich gelernt, unterschiedlich besetzte Teams zusammenzuhalten.“ In dieser Zeit hat sich Gassmann den Traum einer großen Soul­Show finanziert. „Ich kann das heute alles nur tun, weil ich finanziell unabhängig bin und nicht von der Musik leben muss.“
Der Durchbruch gelang 2009 — da feierte die Revue Pre­ miere im Mannheimer Capitol. Gassmann: „Wir wollen dem Publikum die Geschichte der Soulmusik erzählen.“



















































































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