Page 68 - Spielfeld_Oktober_2015
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 „Absolut nicht“, antwortet der Triathlon­Weltmeister glaub­ haft. „Zum einen bestimmen Angebot und Nachfrage auch im Sport den Preis, und die Nachfrage nach dem Fußball ist nun einmal mit Abstand am größten. Zum anderen möchte ich den Druck nicht aushalten. Ich würde mit den Jungs nicht tauschen wollten.“ Die Fußballer hätten doch je nach Bekanntheitsgrad kaum noch Privatleben. Den Preis, den beispielsweise Bayern­Star Mario Götze mit seinem Siegtor im WM­Finale in Brasilien bezahlt habe, sei ihm zu hoch.
Ihm reicht, sagt er grinsend, sein Status „als C­Promi“. Denn: „Der Grad der Aufmerksamkeit, den ich jetzt genieße, ist voll­ kommen ausreichend. Mehr brauche ich nicht. Ich möchte nicht meiner Privatsphäre beraubt werden.“ Der in Mühlacker lebende Kienle kennt privat den Nationalspieler Mario Gomez: „Ein Jahr bevor er beim VfB Stuttgart Torschützenkönig ge­ worden ist, habe ich mit ihm zusammen Zivildienst gemacht.“
Am 10. Oktober will Kienle auf Hawaii seinen Titel vertei­ digen. Kein Event wird von so vielen Mythen umspannt. Früher waren es eher unorganisierte Enthusiasten, die sich der Herausforderung im wogenden Pazifik, in der einsamen Lavawüste und schlussendlich auf flirrendem Asphalt hin­ gaben, heute sind es bestens präparierte Profis, die um die Krone auf Kona streiten.
Die Freundin kommt auch nach Hawaii
Kienle weilt bereits seit Anfang September in Kailua­Kona: Er bewohnt ein Apartment an der Laufstrecke und wähnt sich mit einer fast sechswöchigen Vorbereitung allerbestens vorbereitet. Nach dem Ironman Ende August in Zell am See, den sein großer Herausforderer Jan Frodeno genauso gewann wie zuvor die Ironman­EM in Frankfurt, flog Kienle direkt nach Hawaii. „Hier habe ich die besten Bedingungen – näm­ lich die, die auch im Wettkampf herrschen.“ Begleitet hat ihn sein Trainer Lubos Bilek, in der Rennwoche trifft auch seine Freundin Christine Schleifer ein. Sie ist als vertraute Stütze an den Wettkampfstrecken unerlässlich, „sie gibt mit
Sebastian Kienle beim Empfang der Stadt Mühlacker nach seinem Ironman-Sieg mit Oberbürgermeister Frank Schneider.
die Abstände durch; sie weiß, was sie mir zurufen muss“. Über sie hat er auch am meisten Berührungspunkte mit dem Bundesliga­Alltag. Seine Lebensgefährtin, 2012 selbst deutsche Duathlon­Meisterin, ist nämliche leidenschaftliche Anhängerin des SV Werder Bremen. „Ich will gar nicht sagen, dass bei uns deswegen der Haussegen schief hängt, aber mit meinem Vater gerät sie deswegen schon mal aneinander.“ Kienle erteilt ihr dann moralische Unterstützung („Bremen­Fans brauchen das“), gesteht aber: „Ich habe noch keinen richtigen Lieblingsver­ ein. Ich würde lügen, wenn ich etwas anderes sage.“ In die WIRSOL Rhein­Neckar­Arena würde er aber natürlich wieder kommen – gern auch als zweimaliger Ironman­Sieger. Und vielleicht entwickelt sich dann ja auch noch echte Liebe zur TSG Hoffenheim.
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Sebastian Kienle mit Partnerin Christine Schleifer beim Medienpreis 2015


























































































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