Page 60 - Spielfeld_Oktober_2015
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 „KLAR, ICH BIN SCHON ETWAS GAGA“
Frank Puritscher hat in seiner Wohnung mehr als 5.000 Playmobil-Figuren stehen. Dabei will er mit den Männchen gar nicht spielen – er sammelt sie nur. Und baut eigene Figuren.
W as haben ein französischer und ein kroatischer Fußballnationalspieler gemeinsam? Niklas Süle. Die beiden Kicker sitzen regungslos auf Frank
Puritschers Wohnzimmertisch mitten in Waibstadt – und er muss ihnen jetzt im wahrsten Wortsinn ziemlich zu Leibe rücken. Puritscher packt den Franzosen: „Arme nach oben, Kopf zur Seite“, sagt er leise, legt einen Schnürsenkel um den Kopf und trennt die Figur in zwei Teile.
Der leidenschaftliche TSG­Fan besitzt eine der größten Play­ mobil­Sammlungen der Welt, weit über 5.000 Plastikfiguren. Einige davon hat er selbst gebastelt. Gerade entsteht auf sei­ nem Couchtisch Niklas Süle. Der feierte kürzlich seinen 20. Geburtstag und als Geschenk soll er jetzt sich selbst bekom­ men. Dafür braucht er den Oberkörper eines französischen Spielers. Der trägt ein blaues Trikot und eine weiße Hose. Für den Unterkörper nimmt er den Kroaten auseinander: runter mit der blauen Hose und den Stutzen. „Nur so kommt am Ende ein originalgetreuer Hoffe­Spieler raus“, sagt Puritscher.
„Jede Figur ist ein Unikat.“
FRANK PURITSCHER
In seiner Kindheit spielte er daheim nie mit Playmobil, nur gelegentlich bei Freunden. Aber mit der Geburt seines ersten Sohnes vor 20 Jahren begann seine Sammelleidenschaft. Anfangs kaufte er Figuren aus Tante­Emma­Läden und klei­ nen Spielwarenläden auf dem Land: „Das waren damals oft Ladenhüter.“ Er kaufte ganze Lager leer, ohne Rücksicht auf Platzmangel. Heute ist seine Wohnung ein Märchenland für Spielzeugliebhaber: In jedem Zimmer stehen Ritter, Gärtner, Bauarbeiter oder Fußballer. Auch jetzt schauen sie dem 50­jährigen Sammler von allen Seiten zu, als er den Plastik­Süle erschafft.
Schon lange hat Puritscher so viel Sets und Figuren gekauft, dass er Teile seiner Sammlung ins Haus seiner Eltern ausla­ gern musste. „Ich sammle alles! Viel Altes, aber auch Bücher, Schallplatten, Hörspielkassetten, Puzzles, Porzellangeschirr. Und alles, was Playmobil im Lauf der Jahre so produziert hat.“ Verrückt? „Klar, ich bin schon etwas gaga.“ Woher er
diese Leidenschaft hat? Puritscher überlegt eine Weile und meint dann: „Mein Vater! Er hat Münzen und Briefmarken gesammelt. Das hat mich zwar nie interessiert, aber vielleicht habe ich es von ihm.“
Vor ihm liegen Karten mit unzähligen Trikot­ und Namen­ aufklebern. Einmal in Groß­, einmal in Kleinbuchstaben. „Diese Saison werden die Namen auf den Trikots ja wieder klein geschrieben“, sagt Puritscher. Auf solche Details kommt es ihm an. Sein Kumpel Bernd Gattig druckt ihm diese selbst gestalteten Details aus. Für die Nummern nimmt er Origi­ nal­Playmobilaufkleber. „Die gehen aber nur bis 23. Und Niklas hat die 25.“ Also schneidet er eine 2 und eine 5 aus. Den Trikotaufkleber mit dem TSG­Logo und dem aktuellen Sponsor schneidet er oben in der Mitte etwas ein, damit er besser sitzt.
Die typischen filigranen Bastlerhände hat er nicht, Puritscher ist Gipser und Stuckateur. Er klebt den Trikotaufdruck auf die Vorderseite. Passt. Danach den Namen auf den Rücken. Passt? „Ist minimal krumm geworden, aber da muss er durch, der Niklas“, sagt Puritscher und steckt das Unterteil mit Kick­ funktion am rechten Bein in den Oberkörper. Die Nummern klebt er auch auf die Hose und zuletzt kommen Kopf und Frisur auf die Figur. Natürlich in der passenden Haarfarbe. „Da gibt es inzwischen auch sechs oder sieben verschiedene Farben. Und sicher an die 100 Frisuren“, erklärt er. „Jede Figur ist ein Unikat.“
Das Unternehmen bittet ihn um Hilfe
Bei der TSG ist Puritscher für seine Schaukästen, in Fachkreisen Dioramen genannt, bekannt. Darin stellt er mit seinen selbst gebastelten Figuren bestimmte Situationen nach. Die neueste Ausgabe ist Kevin Vollands Neun­Sekunden­Tor. Allein so ein gebrauchter Schaukasten kostet den Waibstadter gut 70 Euro. „Die stehen normal in den Schaufenstern der Spielwarenläden und sind bei Sammlern sehr beliebt. Man muss froh sein, wenn man irgendwie einen bekommt.“
Für ihn ist das etwas einfacher. Er ist tief drin in der Samm­ lerszene, hat unzählige Kontakte. Ob es so etwas wie die sagenumwobene Briefmarke „Blaue Mauritius“ auch in seinem Metier gibt? „Klar. Davon gibt es sogar einige“, ant­
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