Page 7 - Spielfeld_September_2015
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 11 FAKTEN
Mixed Zone
... ÜBER TRIKOTWERBUNG
Penerol Montevideo machte den Anfang. Der Traditionsclub aus Uruguay druckte in den 50er Jahren Werbung auf seine Shirts. Der Siegeszug der Trikotwerbung begann – und mit ihr kamen viele interessante Geschichten.
1.) Seit zwei Jahren ziert der Schrift- zug des Hauptsponsors SAP
die Brust der TSG-Spieler. Im
Derby gegen Stuttgart am
3. Oktober aber prangt ein- malig ein neues Logo auf
dem Dress: Die Hoffenheimer Spieler werben dann für die „Metropolregion Rhein-Neckar“.
2.) Schon öfter verzichteten Clubs und Spon- soren zugunsten einer guten Sache auf ihr gewohntes Trikot. Der VfL Wolfsburg etwa
machte in der Hinrunde der Saison 2008 ein hal- bes Jahr lang Werbung für die Aktion „Ein Herz für Kinder.“ Besonderer Clou: Die TSG Hoffen- heim lief im Duell mit den Niedersachsen ebenfalls mit diesem Logo auf: ein Novum.
3.) Der Hamburger SV dagegen war nicht frei- willig „oben ohne“. Der Sponsor „TV Spielfilm“ forderte den Club im Frühjahr 1995 auf, den Schriftzug vorzeitig vom Trikot zu entfernen – aufgrund der schwachen Leistungen drohe ein Imageschaden. Der Ausstieg war der erwartete PR-Coup: Die Medien berichteten tagelang kos- tenlos über den Sponsor – und die Hanseaten liefen für vier Spiele ohne Werbung auf.
4.) Der erste deutsche Club mit Trikotwerbung war Wormatia Worms. Im Jahr 1967 lief der Regionalligist kurzzeitig mit dem Schriftzug CAT des US-Baumaschinenherstellers Cater- pillar auf. Der DFB schritt ein, CAT verschwand.
5.) Die Kommerzialisierung des Fußballs aber hatte begonnen. Und weil die Trikotwerbung (noch) nicht durchsetzbar war, wurden die Un- ternehmen Anfang der 70er Jahre erfinderisch. Sie kauften sich bei den Clubs ein – und tauf- ten sie um. Und so spielten plötzlich der VfR 1910 OLI Bürstadt (nach dem Geschirrfabrikan- ten Otto Limburg) oder, dank der Gelder des ört- lichen Reifenherstellers, der ASV Gummi-Mayer Landau hochklassigen Fußball.
6.) Der FC Homburg wurde
bekannt durch den schwar-
zen Balken. Die Saarlän-
der hatten in der Saison
1987/88 einen Vertrag als
Trikotsponsor mit dem Kon-
domhersteller London. Der
DFB schäumte, Homburg
musste die Werbung unkenntlich machen, ehe der Club vom Landgericht Recht bekam.
7.) Mit Günter Mast fing fast alles an. Der findige Geschäftsmann aus Wolfenbüttel ließ den Hubertus-Hirschen seines Unternehmens Jägermeister 1973 einfach ins Vereinslogo der Braunschweiger Eintracht einarbeiten – und zack, war Jägermeister auf der Brust präsent. Es war ein Tabubruch, für manche eine, nun ja, Schnapsidee – aber Mast war Vorreiter.
8.) Politisch ging es dereinst in Baesweiler (bei Aachen) zu. Der heimische Oberligist präsen- tierte 1979, kurz nach dem Zwischenfall im US-Atomkraft- werk Harrisburg, den Schriftzug „Kernenergie – ja!“. Der Protest kam aus den eigenen Reihen: Libero Günter Neumann verließ prompt den Verein.
9.) Die Trikotwerbung ist streng reguliert. So darf die Werbef läche laut Bestimmung der Deutschen Fußball Liga eine Größe von 200 Quadratzentimetern nicht überschreiten. Werbung „mit politischem, religiösem oder rassistischem Inhalt“ ist ebenfalls untersagt. Für Bier und Wein übrigens kann prinzipiell geworben werden – verboten ist nur Werbung für Getränke mit einem Alkoholgehalt über 15%: Jägermeister zum Beispiel...
10.) Der FC Barcelona galt vielen Tradi- tionalisten lange als letzte Bastion, als Hort der Aufrich- tigen, die sich der Werbung verweiger- ten. Die Katalanen verzichteten in ihrer mehr als 100-jähri- gen Geschichte auf Trikotwerbung, war- ben später für das UN-Kinderhilfswerk Unicef. Ende 2010 aber kam es zum Tabubruch: Seither wirbt Barca für die Qatar Foundation.
11.) „Das geht uns einen Scheißdreck an, was die machen. Lasst uns die deut- sche Art, alle be- lehren zu wollen, hier aussparen.“ So zitierte DER SPIEGEL 1988 den damali-
gen Präsidenten des Eishockey-Klubs
ECD Iserlohn, Heinz Weifenbach. Der Grund für die Ver- stimmung des hemd- ärmeligen Maurer- meisters: Nicht alle waren begeistert davon, dass sein Club im Dezember 1987 auf dem Trikot für das „Grüne Buch“, die Revolutionsfibel des damaligen liby- schen Staatschefs Muammar al-Gaddafi geworben hatte. Das „Grüne Buch“ musste runter, der Club ging in die Insolvenz.
               SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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