Page 63 - Spielfeld_August_2015
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                 ern und wir suchten die andere Seite ab, wo Hauswände standen. Schnell war klar, dass der Bauer den Ball gefangen hatte. Als wir ihm dann hinterher rannten und ihn stellen wollten, hat er mit der Peitsche nach uns geschlagen.“ Die kindliche Trauer war groß, zum Trost gab es einen Ersatz- ball: „Der war noch weniger rund, aus Fahrradschläuchen zusammengef lickt“, lacht Hopp. „Er ist auch gef logen, aber er war nicht wie der erste Ball.“ Weil nie etwas so schön sein kann wie beim ersten Mal.
Das erste Spiel in Knickerbocker
So erinnert man sich stets an das allererste Gefühl. Das Rad, das sich Dietmar Hopp 1953 vom selbstverdienten Geld kaufte, nur einen Tag nach der Konfirmation seines Bruders. „Rüdiger kaufte sich von den Geldgeschenken ein schwarzes Rad, wirklich hübsch, aber meins war hellgrün. Noch schicker.“ Die gängige Brüderrivalität galt auch im Hause Hopp. Egal, ob es um das Rad ging, oder darum, wer nach dem abendlichen Regenguss mehr Weinbergschne- cken sammelte, um sie zur Sammelstelle zu bringen und zu Geld zu machen. Dietmar Hopp hatte offenbar nicht immer das Nachsehen. Nur beim Fußball musste er sich lange gedulden. Seine Mutter hatte ihm das Kicken im Ver- ein untersagt, nachdem sich Bruder Wolfgang eine schwere
Knieverletzung zugezogen hatte, die seine Karriere jäh beendete. Es war nicht verhandelbar.
Bis zu jenem Tag, der inzwischen als Gründungsmy- thos der Bundesrepublik Deutschland gilt. Der 4. Juli 1954: das Fußballspiel, das alles veränderte. Im Berner Wankdorf-Stadion traf Helmut Rahn nicht nur zum 3:2 im WM-Finale gegen die vermeintlich unschlagbaren Ungarn, stemmte Fritz Walter nicht nur den „Coupe Jules Rimet“ in den regnerischen Himmel, es war der Moment, als sich eine ganze Nation ihrer selbst wieder gewahr wurde. Der Tag, an dem es für einen Moment keinen verlorenen Krieg, keine Not, keinen Hunger mehr gab. Auch für Dietmar Hopp, den 14-jährigen Knaben änderte dieser Tag alles. „Es gab kein Halten mehr“, sagt er noch heute schwärmerisch. „Ich wollte auch Fritz Walter sein.“ Und so marschierte er zur TSG Hoffenheim, machte sein erstes Spiel, in der uralten Knickerbocker seines Bruders, die er auftrug. Nach heftigen Protesten musste er zumindest nicht mehr Rüdigers Schuhe auftragen. „Ich hatte dann doch deut- lich größere Füße.“ Es war das Derby gegen Dühren, es endete 1:1. Die Hose riss. Der Fußball aber ließ Dietmar Hopp nie mehr los.
„Ich wollte auch Fritz Walter sein.“
DIETMAR HOPP
Region
 Die Kaiserslauterer Fritz Walter und Horst Eckel (links) in Bern nach dem 3:2 im WM-Finale 1954 der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn.
SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM 63

























































































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