Page 60 - Spielfeld_August_2015
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                 GESCHICHTSSTUNDE MIT DIETMAR HOPP
Ein stattlicher Kerl: Dietmar Hopp in kurzer Hose und als Das „Schlössl“ gegenüber dem Wohnhaus der Familie Hopp. kleiner Junge vor dem Elternhaus in Hoffenheim.
  A ufschwung, Wirtschaftswunder, Bilderbuch- karriere. Nichts davon war selbstverständlich, als Dietmar Hopp am 26. April 1940 in Heidelberg
geboren wurde. Sein Vater Emil war Lehrer, seine Mutter wirkte als Hausfrau, mit dem jungen Dietmar als Nesthäk- chen neben den älteren Geschwistern Karola, Wolfgang und Rüdiger. Eine Kriegskindheit im Kraichgau, mit all’ den Erinnerungen, die sich erst später zusammenfügen zu bleibenden, unvergesslichen Eindrücken. Der Krieg war für die Kinder dabei lange Zeit ein eher fernes Donnergrollen im Elternhaus an der Kreuzung Eschelbacher/Sinsheimer Straße in Hoffenheim, lediglich das Gelände im Wiesental diente als Ausweichlandeplatz für deutsche Kampfflieger. Doch die Schlachten mit all ihrem Grauen erreichten 1944 auch den kleinen Dietmar. „Ich erinnere mich daran, wie mein Vater sich im Wohnzimmer eine Decke über den Kopf warf, um Radio zu hören oder sich im Schlafzimmer mit dem Radio unter eine Decke setzte, die ihm meine Mutter überstülpte. Der Anblick hat mich irritiert.“ Was der Vier- jährige erst später erfuhr: Sein Vater hörte die so genann- ten „Feindsender“; ein Vergehen, sanktioniert mit der To- desstrafe. Eine beklemmende Erfahrung, gesteigert, als der Vater im Herbst 1944 zum Volkssturm einberufen wurde.
Der Krieg war präsent im Hause Hopp, auch wenn der Kleinste der Familie keine rechte Vorstellung hatte: „Ich habe mir die Russen, Amerikaner, Engländer und Franzosen so gar nicht richtig als Menschen vorstellen können. Ich wusste überhaupt nicht, wie die wohl aussehen.“ Entspre- chend kindlich nahm er, wie viele andere seiner Generati- on, lange Zeit den Krieg wahr. Als die Stadt Mannheim eines Abends erneut Opfer der verheerenden Luftangriffe wurde, war Dietmar Hopp schlicht „fasziniert vom Feuerschein“, der bis nach Hoffenheim reichte. Woher sollte er auch ein Gefühl haben für das Elend, das damit einherging?
Den Tod hautnah erlebt
Denn der Alltag hieß: Morgens raus zum Spielen, da es zu jener Zeit in Hoffenheim schon keinen Kindergarten mehr gab. Und nach dem Mittagessen daheim ging es wieder hin- aus, meist zu den Wiesen in der Umgebung des Bahnhofes. Allein. Unbefangen. Arglos. Bis zu jenem Tag, als er wie- der draußen war, gemeinsam mit seinem ein Jahr älteren Bruder Rüdiger und dessen Freund Volker, der im gleichen Haus wohnte. Drei spielende Kinder auf dem Weg in den Wald, wie so oft, als sie ganz oben am Himmel einen win- zigen Punkt ausmachten – ein Flugzeug. Er wurde größer.
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