Page 45 - Spielfeld_August_2015
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                  Und als was fühlt sich Magdalena Frank im Verhältnis zu ihren Gastkindern? „Mhh. Als vieles“, sagt die lebenstüchti- ge Frau, die selbst zwei Söhne hat, die inzwischen aus dem Gröbsten raus sind, wie man gerne sagt. Dennis ist 24, hat
bei der SAP ein Duales Studium abgeschlossen und ist nach Schwetzingen in die eigenen vier Wände gezogen; Marcel, gerade 22 Jahre alt geworden, studiert. Die Fußballer aus der achtzehn99 AKADEMIE sind jetzt die Kleinen im Hause Frank.
Vor einem Jahrzehnt aber stellte es sich alles anders dar. Magdalena Frank war nach einer Trennung plötzlich allei- ne, mit zwei kleinen Teenies, im frisch gekauften Haus. Die gelernte Verkäuferin arbeitete stundenweise bei der Metz- gerei Hess in Hoffenheim, doch die neue Situation forderte ihr vieles ab. Es ist keine Koketterie, wenn sie sagt: „Herr Hopp hat meine Existenz gerettet.“
Magdalena Frank gehört zu den Menschen im Hintergrund, die für die TSG 1899 Hoffenheim wichtig sind, weil sie es erst ermöglichen, dass das Nachwuchssystem funktioniert, dass diese einmalige Hoffenheimer Atmosphäre erzeugt.
„Es können vielleicht nur Mütter verstehen, was so etwas bedeutet.“
Und so kam die Idee, einen weiteren Jungen aus der Akade- mie aufzunehmen, auch wenn sie nicht recht wusste, was sie erwarten würde. Ihr Umfeld war verwundert, um es vor- sichtig zu sagen. „95 Prozent haben den Kopf geschüttelt, manche waren richtig entsetzt“, sagt Lena Frank. Selbst ihr Vater, glühender TSG-Anhänger mit Dauerkarte, war skep- tisch: „Mädchen, willst Du Dir das wirklich auf-
bürden?“ Sie ist ein wenig stolz, dass sie ihren eigenen Weg gegangen ist.
Doch die Unsicherheit war groß an jenem Tag, als ihr erster Gastjunge Robert Rudnik in der Tür stand, begleitet von seinen Eltern Jan und Alina. Magdalena Frank wird emo- tional, wenn sie daran zurückdenkt. An Mutter Rudnik,
die so viele Fragen hatte, wie Robert es bei ihr vorfinden würde. Irgendwann gingen die beiden Mütter in die Küche. „Ich habe gefragt: Was ist das für ein Gefühl für Sie?“ Dann weinten die beiden Frauen zusammen. Die eine mit dem Gefühl, ihren Jungen in eine fremde Familie zu geben, die andere unsicher, ob sie der Verantwortung gerecht werden könne. „Ihr Mann hat uns nur angeschaut und den Kopf ge- schüttelt“, sagt Magdalena Frank. Sie wischt sich die Tränen aus den Augen. „Es können vielleicht nur Mütter verstehen, was so etwas bedeutet.“
Heute empfindet sie Dankbarkeit gegenüber den Eltern. „Wenn ich mir überlege, wie es für mich gewesen wäre, mein Kind einer Alleinerziehenden mit zwei Kindern im Teenie- Alter anzuvertrauen: puuuh.“ Sie schluckt. Sie empfindet großen Respekt den Eltern gegenüber, die es gewagt haben, ihr zu vertrauen. Und den Jungen gegenüber, die in ein beste- hendes Nest schlüpfen und das ihrer Kindheit verlassen. Doch der junge Robert machte es ihr und ihren Kindern leicht. Ein zuvorkommender Junge, der nach jeder Mahlzeit „Dankeschön Lena“ sagte. „So etwas kennst Du von den eige- nen Kindern ja nicht so häufig“, sagt die zweifache Mutter: „Da ist viel Bestätigung dabei.“
Das Leben mit zwei eigenen Kindern und dem Gastjungen – es klingt nach Patchwork-Romantik, aber natürlich bleibt es nicht ohne Konflikte. Gastkinder, die anfänglich Heim-
weh haben, auf der anderen Seite die eigenen Kids, die den Neuen argwöhnisch betrachten, weil er nicht spülen, put-
zen, Rasen mähen muss wie sie selbst. „Die Jungs sind nach Schule, Training und Nachhilfe doch
so fertig. Das muss ich denen nicht auf bür- den“, findet Frank.
Verein
                         SPIELFELD TSG 1899 HOFFENHEIM
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